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29.05.2016 | 10:02 | Energiepolitik 

Russlands Energiesektor muss grüner werden

Moskau - Russland muss seine ölabhängige Wirtschaft binnen 15 Jahren auf die Konkurrenz durch erneuerbare Energien einstellen. Das sagte German Gref, Vorstandschef von Russlands größtem Geldhaus Sberbank, der Deutschen Presse-Agentur in Moskau.

Fossile Energieträger
German Gref war sieben Jahre Minister unter Putin, nun leitet er Russlands größte Bank. Doch er denkt immer noch politisch und fordert vom Kreml Reformen. Einsichten eines russischen Wirtschaftsliberalen. (c) Michael Shake - fotolia.com
Der Reformer und frühere Wirtschaftsminister (52) forderte zugleich tiefgreifende Veränderungen der staatlichen Verwaltung.

Die Sberbank leide zwar unter Wirtschaftskrise und Finanzsanktionen. Sie habe aber gelernt, damit zu leben, sagte Gref.

«Wir brauchen eine Diversifizierung der Wirtschaft, um die Abhängigkeit von Öl und Gas zu verringern», betonte der Bankchef. Darüber wird in Russland seit langem geredet, Gref sieht sein Land aber unter Zeitdruck: «Das wird bei intensivem Einsatz mindestens 15 Jahre dauern. Mehr Zeit haben wir nicht, weil alternative Energien sich rasch entwickeln.» Sonnenenergie werde Prognosen zufolge etwa im Jahr 2028 bei Leistung und Kosten mit anderen Energieträgern mithalten können, sagte er als ein Beispiel.

Der Bedarf an Öl und Gas werde nicht schwinden, doch die fossilen Energieträger müssten anders genutzt werden: «Wir als Besitzer der weltgrößten Rohstoffvorräte müssen an deren Veredelung arbeiten.» Durch neue Entwicklungen in der Chemie sollten andere Produkte entstehen.

Gref erwartet dabei auch eine neue Rolle für Russlands Energiefirmen. «Unsere Energiekonzerne haben Ressourcen für große Investitionen. Sie könnten auch im Bereich alternativer Energie arbeiten.»

An Russlands derzeitiger Wirtschaftskrise seien nicht nur niedrige Ölpreise und westliche Sanktionen schuld, sagte Gref. «Es ist klar, dass wir Reformen zu lange hinausgezögert haben.» Er zielt dabei direkt auf die Politik: «Das Wichtigste wäre, dass die Staatsmacht sich selbst reformiert und effektiver wird.» Erst dann könnten andere Reformen in der Justiz, bei der Sicherung von Eigentumsrechten, beim Abbau von Bürokratie und im Rentensystem gelingen.

Allerdings hat Präsident Wladimir Putin die Diversifizierung auch in den ersten Amtsjahren nicht angepackt, als der Ölpreis noch hoch war. Gref war von 2000 bis 2007 als Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Handel verantwortlich. Trotzdem sieht er für die nächsten Jahre eine Chance auf Veränderungen, weil der Druck höher sei: Die Angst gehe um, dass das Geld ausgehe, Öl und Gas weniger gefragt seien, die Wirtschaft nicht mehr wachsen werde. «Das könnte die treibende Kraft für Reformen werden.»

In Russland geben seit Jahren Vertreter der Geheimdienste den Ton an, sie beherrschen auch die Rohstoffwirtschaft. Trotzdem hält Kremlchef Putin wirtschaftsliberale Politiker wie Gref oder Ex-Finanzminister Alexej Kudrin in Reserve. Er setzt auch auf ihren Rat. Gref will nach eigener Aussage aber nicht in die Politik zurückkehren.

«Das vergangene Jahr war das schwerste für uns», sagte er zur Lage der Sberbank, die knapp ein Drittel des russischen Bankensektors ausmacht. Der Gewinn sei 2015 um ein Viertel auf 222,9 Milliarden Rubel (3,1 Mrd Euro) geschrumpft. «Wir haben aber gelernt, in einer Situation zu leben, in der es kein westliches Geld gibt.»

Die Finanzsanktionen der EU und USA - verhängt wegen des russischen Vorgehens gegen die Ukraine - unterbinden alle Geschäfte mit westlichen Banken, die länger als 30 Tage laufen. Im ersten Quartal 2016 verdiente die staatlich kontrollierte Sberbank 117,7 Milliarden Rubel (1,6 Mrd Euro).

«Unsere Zukunft wird, glaube ich, nicht im Investmentbanking, sondern im Internetbanking liegen», sagte Gref zur Strategie. Die Sberbank habe bereits 30 Millionen Kunden für mobiles Banking, sie wolle diese Serviceangebote weiter ausbauen. «99 Prozent der Transaktionen unserer Firmenkunden werden online abgewickelt, bei Privatkunden sind es 30 Prozent.» Das bisherige Netz von rund 16.000 Filialen - das größte in Russland - werde im Gegenzug schrumpfen.
dpa
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