Am Mittwoch fiel der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent erstmals seit fünf Jahren unter die Marke von 65 Dollar und erreichte bei 64,50 Dollar den tiefsten Stand seit September 2009. Zeitgleich rutschte der Preis für ein Fass der US-Sorte WTI um 2,80 Dollar auf 61,02 Dollar. Das ist der tiefste Stand seit Juli 2009.
Zuletzt hätten neue Opec-Prognosen und ein überraschender Anstieg der US-Reserven die Preise am Ölmarkt erneut einbrechen lassen, hieß es aus dem Handel. Seit dem Sommer sind die Ölpreise mittlerweile um etwa 40 Prozent gefallen.
Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) rechnet 2015 mit der schwächsten Nachfrage nach Opec-Öl seit zwölf Jahren. Als Gründe wurden die Fracking-Fördermethode in den USA und ein weltweit sinkender Ölverbrauch genannt. Im Durchschnitt dürften im kommenden Jahr nur noch 28,92 Millionen Barrel pro Tag nachgefragt werden, hieß es im Opec-Monatsbericht. Ende November hatte aber das Kartell das offizielle Förderziel unverändert bei 30 Millionen Barrel pro Tag belassen.
Die Opec hatte zuletzt nicht auf den Preisverfall reagiert. Im Gegenteil: Zuletzt hatten Saudi-Arabien und der Irak ihre Preise gesenkt, um ihre Marktanteile auf dem Weltmarkt zu verteidigen.
Während Länder wie Venezuela oder der Iran von den Öleinnahmen extrem abhängig sind, können wohlhabendere Länder wie Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate deutlich tiefere Preise verkraften.
Für die Verbraucher bedeutet der Sinkflug der Ölpreis, dass zum Beispiel Tanken und Heizen wohl auf absehbare Zeit günstig bleiben. «Der niedrigere
Ölpreis wird wohl vor allem die Kaufkraft der privaten Haushalte und damit die privaten Konsumausgaben stärken», hieß es in einer am Mittwoch in Essen vorgelegten Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI). Für das zu Ende gehende Jahr 2014 und das Jahr 2015 rechnen die Wirtschaftsforscher mit einem Wachstum von jeweils 1,5 Prozent.
Ohne den verringerten Ölpreis müsste das Wirtschaftswachstum um etwa 0,4 Prozentpunkte niedriger angesetzt werden, sagte RWI-Forscher Roland Döhrn. Das Institut sei bei seiner Prognose von einem Ölpreis von 70 Dollar je Barrel ausgegangen.
Deutschland wird einer Studie zufolge während der Energiewende noch für viele Jahre auf fossile Energieträger wie Öl, Kohle und Gas angewiesen sein. Diese Energierohstoffe sind weltweit noch reichlich vorhanden, wie aus einer am Mittwoch in Hannover veröffentlichten Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hervorgeht. Erdöl sei der einzige nicht erneuerbare Rohstoff, bei dem in den kommenden Jahrzehnten eine steigende Nachfrage wahrscheinlich nicht mehr gedeckt werden könne. Daran ändere auch die zunehmende Nutzung von nicht-konventionellen Reserven wie Schieferöl langfristig nichts. Erdgas und Kohle seien dagegen aus geologischer Sicht noch in sehr großen Mengen vorhanden. (dpa)