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11.05.2011 | 13:35 | Erneuerbare Energien 

Biogasrat kritisiert EEG-Vorschläge des Umweltministers und stellt eigenes Marktprämienmodell vor

Berlin - Der Biogasrat e.V. hat den Erfahrungsbericht des Bundesumweltministers zum EEG und seine Eckpunkte für das EEG 2012 einer ersten kritischen Würdigung unterzogen und zugleich einen eigenen Vorschlag für ein marktnahes und einfaches Vergütungssystem unterbreitet.

Biogasanlage
In einer eigenen Studie hat der Biogasrat in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Biomasse Forschungszentrum (DBFZ) und Prof. Dr. Christoph Weber, Lehrstuhl für Energiewirtschaft der Universität Duisburg/Essen ein Marktprämienmodell entwickelt, nach dem die Mehrkosten der Stromerzeugung aus Biogas gegenüber der konventionellen Stromerzeugung durch eine einheitliche Marktprämie erstattet werden und die übrigen Kosten und der Gewinn durch Teilnahme am Strommarkt erwirtschaftet werden muss.

Der Umweltminister hat dagegen vorgeschlagen, dass die Erzeuger erneuerbarer Energien entweder wie bisher eine feste umlagefinanzierte Vergütung erhalten oder aber monatlich für die Teilnahme am Strommarkt optieren können. Das Marktrisiko wird durch einen komplizierten Ausgleichsmechanismus bis zu den durchschnittlichen EEX-Preisen des Vormonats ausgeglichen. Hier sieht der Biogasrat "zu wenig Mut zum Markt". Reinhard Schultz, Geschäftsführer des Biogasrat e.V.: "Wir brauchen die Chancen und Risiken einer vollen Marktteilnahme, um alle Effizienzreserven zu heben und das System auf Dauer billiger zum machen."

Professor Weber sieht die Gefahr des "Rosinenpickens" bei den Marktteilnehmern. "Wer von Monat zu Monat wählen kann, ob er am Strommarkt sein Geld verdienen oder von der Umlage leben will, der versucht nur dann am Markt zu arbeiten, wenn höhere Verdienste winken. Das verteuert das System eher, als dass die Umlagekosten gesenkt werden." Professor Weber hat hierzu einen wissenschaftlichen Vergleich beider Modelle erarbeitet.


Wärmenutzungspflicht realistisch optimieren

Große Probleme sieht der Biogasrat in den sehr hohen Vorgaben des BMU zur Wärmenutzung in KWK-Anlagen. "60 Prozent-Wärmenutzung bei der Vor-Ort-Verstromung ist nur an optimalen Standorten möglich, 90 Prozent Wärmenutzung in Anlagen, die Biogas aus dem Erdgasnetz beziehen, führt zu einer deutlich geringen Stromerzeugung ohne angemessenen Kostenausgleich im Vergütungssystem", erklärt Dr. Thomas Stephanblome, stellvertretender Vorsitzender des Biogasrat e.V.

Der Biogasrat hat seinerseits vorgeschlagen, bei der Vor-Ort-Verstromung mindesten 30 % Wärmenutzung zur Auflage zu machen und besonders effiziente KWK-Anlagen mit 70 % Wärmenutzung oder mehr durch einen KWK-Effizienzbonus zu belohnen. "Dadurch wird sichergestellt, dass in der Regel ein standortsangepasste Optimierung von Strom- und Wärmeerzeugung stattfindet und zugleich das Angebot an Biogas-Strom deutlich wächst", unterstreicht Reinhard Schultz. "Nach dem Modell des BMU ist die Vor-Ort-Verstromung so gut wie tot, und der Biogas-Einspeisemarkt wird auch nicht so anspringen, wie es die Ziele der Bundesregierung vorsehen."


Einfaches und transparentes Vergütungssystem gefordert

Der Biogasrat kritisiert das komplizierte Vergütungssystem, das der BMU vorschlägt. "Grundvergütung, Rohstoffklasse I, Rohstoffklasse II, Sonderregelung für Abfälle, Kapazitätskomponente - all das ist noch komplizierter als das bisherige, aus dem Ruder gelaufene Bonus-System." Der Biogasrat hat dagegen eine einheitliche Einsatzstoff unabhängige Vergütung vorgeschlagen, die auch helfen soll, das Potenzial an biogenen Reststoffen für die Biogasproduktion zu erschließen.

Auch die vom BMU vorgeschlagene Vergütungshöhe steht beim Biogasrat in Kritik. "Bei der hohen Wärmenutzung und geringen Stromerzeugung, die der BMU-Entwurf will, reichen die Vergütungssätze pro erzeugter Kilowattstunde Strom nicht aus. Wenn die Wärmenutzung realistisch, wie in unserem Vorschlag angesetzt würde, lägen BMU und Biogasrat wieder näher beieinander", unterstreicht Reinhard Schultz.


Nachhaltigkeit für die gesamte Landwirtschaft, nicht nur für Bioenergien

Ärgerlich ist aus Sicht des Biogasrat e.V. auch der Unterton im Entwurf des Erfahrungsberichts des BMU. Unnötigerweise verstärkt der Erfahrungsbericht in der BMU-Fassung - wider besseren Wissens - viele gängigen Vorurteile gegen die Biogaserzeugung. Zum Beispiel werden die Ursachen für Mais-Monokulturen beim Energiemais gesucht. Probleme fehlerhafter landwirtschaftlicher Praxis beim Einhalten von Fruchtfolgen, bei dem Umgang mit Dünger und damit zusammenhängenden Grundwasserproblemen werden einseitig dem Energiemais zugeschoben. Daraus werden dann restriktive Vorgaben für die Nutzung von Mais als Energiepflanze hergeleitet, z.B. die Begrenzung des Maisanteils im Substratmix auf 60 % oder besondere Nachhaltigkeitsanforderungen. Dabei bestehen die meisten Probleme nur in Regionen mit besonders dichter Tierhaltung. In anderen Regionen ist Mais eher selten.

Der Biogasrat drängt seit langen, dass zum einen ähnliche Nachhaltigkeitsregeln, wie sie für Biokraftstoffe gelten, auch für die Erzeugung und Nutzung von Biomasse überhaupt gelten müssen. Für Biogas als Kraftstoff gelten sie ja schon heute. Darüber hinaus fordert der Biogasrat, dass für die Produktion und Nutzung von Feldfrüchten insgesamt ein gemeinsames Nachhaltigkeitsregime geschaffen werden muss, das weiter geht, als die weichen Cross Compliance Regeln der EU. Das muss sich auf die Einhaltung von Fruchtfolgen, die Aufnahme des natürlichen Düngers aus Gärresten in das Düngeregime bis hin zur tendenziellen Verdrängung von Kunstdünger, Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität und auf den Grundwasserschutz beziehen. Der Biogasrat fordert, dass alle Biogasanlagen nach Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt und überwacht werden, einschließlich der Anpassungspflicht an den Stand der Technik.

Neben der Ökobilanz muss die Treibhausgasbilanz bei der Biogaserzeugung und Nutzung im Mittelpunkt stehen. Technisch optimierte Biogasanlagen mit regenerativer Prozessenergie und einem guten Wärmekonzept sind hinsichtlich der Treibhausgasminderung den meisten Alternativen gegenüber unschlagbar. (ots)
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