Im Wesentlichen waren seine Überlegungen schon vor rund einem Monat durchgesickert. „Die über 113.000 Bauernfamilien in Bayern vermissen klare Linien für eine stabile Fortentwicklung der EU-Agrarpolitik“, erklärt Hans Müller, Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbandes. Um ökonomisch, sozial und ökologisch gesund aufgestellt zu sein, bräuchten die Betriebe ein „grünes Wachstum, aber nicht noch mehr Bürokratie und auch keine geschwächte EU-Agrarpolitik“. Die
GAP über 2013 hinaus müsse mehr Wertschöpfung für die Bauern und damit für den ländlichen Raum ermöglichen. Die über 700.000 Arbeitsplätze, die die bayerische Landwirtschaft mit dem vor- und nachgelagerten Bereich sichert, dürften nicht durch Brüche gefährdet werden. Die Vorschläge der
EU-Kommission bedeuteten für die bayerischen Bauern einen Rückschritt. „Die EU-Kommission verzettele sich mit ihren Plänen, anstatt einen zukunftsorientierten, schlüssigen Baukasten für die Gemeinsame
Agrarpolitik bis 2020 vorzulegen“, sagt Müller.
Die Vorschläge der EU-Kommission würden die bisherige Förderung der benachteiligten Regionen und Berggebiete schwächen. Echte Ansatzpunkte für spürbare Vereinfachungen, die den Alltag der Bauernfamilien entlasten, seien nicht zu erkennen. „Mehr Bürokratie heißt höhere Kosten und weniger Einkommen für die Bauern“, sagt Müller. Zudem verunsichere die EU-Kommission mit einer vorgeschlagenen Neudefinition des „aktiven Landwirtes“ die 63.000 Nebenerwerbslandwirte in Bayern, ob sie in Zukunft noch mit Unterstützung aus Brüssel rechnen könnten.
Verkannt werde von der EU-Kommission, dass gerade in Deutschland schon seit 2005 eine grünere EU-Agrarpolitik umgesetzt werde. EU-Direktzahlungen würden in Deutschland auch für Grünland, Kleegras oder Leguminosen gewährt. Dadurch werden die wertvollen Umwelt- und Klimaschutzleistungen dieser Flächen honoriert. In anderen Staaten wie Österreich, Italien, Frankreich oder Niederlande gingen solche Flächen bei den Direktzahlungen leer aus. Die bayerischen und deutschen Bauern seien hier rund zehn Jahre voraus. Die vordringliche Priorität der EU-Kommission müsse es ein, die Ausgestaltung der Direktzahlungen der EU-Agrarpolitik in den 27 Mitgliedstaaten zu vereinheitlichen.
Die EU-Agrarpolitik habe sich über verschiedene Reformschritte seit 1992 grundlegend gewandelt. Sie habe sich an Marktsignale und internationalen Erfordernissen angepasst. Das Eintreten der EU-Kommission für eine starke erste und zweite Säule der GAP werde grundsätzlich von den Bauern anerkannt. Die EU-Direktzahlungen als Ausgleich für die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirte und für die höheren Standards im Verbraucher- und Umweltschutz sowie in der Tierhaltung im Vergleich zu Ländern außerhalb der EU gelte es fortzuführen. „Die 500 Millionen EU-Bürger wollen mit sicheren Lebensmitteln der europäischen Landwirtschaft versorgt werden und nicht von Importen abhängig werden“, sagt Müller. Dafür brauche es eine EU-Agrarpolitik, die die Bauern stärkt. Die Vorschläge der EU-Kommission gäben dafür zu wenig her. Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts - Ernährungssicherung,
Klimawandel und eine zukunftsfähige Energieversorgung - ließen sich nur mit einer modernen und effizienten Landwirtschaft meistern. Mut mache den Bauern die hohe Wertschätzung der Landwirte in der Gesellschaft. Umfragen zufolge seien die Bauern nach den Ärzten und Lehrern die drittangesehenste Berufsgruppe. (bbv)