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27.11.2012 | 20:28 | Agrarzahlungen 

Rechnungshof bemängelt Vergabepraxis von Agrarbeihilfen

Luxemburg - "Die Verteilung der Beihilfen zur Einkommensstützung auf Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in den neuen Mitgliedstaaten sollte überprüft werden", so die Prüfer des Europäischen Rechnungshofs (EuRH).

Agrarbeihilfen
(c) proplanta
Der Europäische Rechnungshof hat seinen ersten Sonderbericht (SB Nr. 16/2012) über die Stützung des Einkommens von Betriebsinhabern in den neuen Mitgliedstaaten veröffentlicht. Der Hof fordert eine Reformierung der Regelung, um sicherzustellen, dass die Einkommensstützung auf aktive Landwirte ausgerichtet ist, die konkrete und regelmäßige landwirtschaftliche Tätigkeiten ausüben.

Insbesondere sollten öffentliche Einrichtungen, die staatliche Flächen verwalten, aber nicht anderweitig landwirtschaftlich tätig sind, nicht in den Genuss von EU-Beihilfen zugunsten landwirtschaftlicher Betriebe kommen. Außerdem sollten keine Zahlungen im Zusammenhang mit nicht genutzten Flächen oder hauptsächlich für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten Flächen geleistet werden.

Mit der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung sollte es den neuen, der EU in den Jahren 2004 und 2007 beigetretenen Mitgliedstaaten ermöglicht werden, Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe eine Einkommensstützung zu gewähren.

Derzeit findet die Regelung in 10 EU-Mitgliedstaaten Anwendung, wobei sich die entsprechenden Ausgaben im Jahr 2011 auf 5 Milliarden Euro beliefen. In seinem Bericht legte der Hof den Schwerpunkt auf die Begünstigten der Regelung, die beihilfefähigen Flächen und den Beitrag der Regelung zum Ziel der Einkommensstützung zugunsten von Betriebsinhabern.

Die generelle Schlussfolgerung aufgrund der Prüfung lautet, dass die Umsetzung der Regelung zu einer Reihe von fragwürdigen Merkmalen führte:

• Die Definition des Begriffs "Begünstigte der Regelung" ist unangemessen, da sie Zahlungen an Begünstigte gestattet, die keine oder nur eine marginale landwirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Dazu gehören Immobiliengesellschaften, Flughäfen, Jagdverbände sowie Angel- oder Skivereine.

• Außerdem wurden in einigen der betroffenen Länder rechtmäßig einheitliche Flächenzahlungen (zur Einkommensstützung) an öffentliche Einrichtungen geleistet, die staatliche Flächen verwalten, aber ansonsten keine landwirtschaftliche Tätigkeit ausüben. In Ungarn ist der Staat der größte Einzelbegünstigte der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung (14 Millionen Euro im Jahr 2010 für 82 000 ha Land).

• Die für Beihilfen im Rahmen der Regelung insgesamt in Betracht kommende landwirtschaftliche Fläche wurde von den Mitgliedstaaten nicht zuverlässig bestimmt, was von der Kommission aber akzeptiert wurde. Dies hatte Einfluss auf den Betrag der jedem Betriebswirt gezahlten Beihilfe je Hektar, der bisweilen höher oder niedriger gewesen ist, als er hätte sein sollen. Einige Länder änderten die insgesamt beihilfefähige landwirtschaftliche Fläche, ohne dies angemessen zu begründen, was es ihnen ermöglichte, ihren jeweiligen Finanzrahmen vollständig auszuschöpfen.

• Ungeachtet der Bemühungen der betroffenen Mitgliedstaaten erfolgten Beihilfezahlungen für Parzellen, auf denen keine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wurde.

• Die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung birgt einen grundsätzlichen Widerspruch, denn sie ist einerseits darauf ausgerichtet, individuelle Einkommen der Betriebsinhaber zu stützen, während die Beihilfe andererseits auf der Grundlage der den Betrieben jeweils zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Fläche auf diese verteilt wird.

• Die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung kommt in erster Linie größeren landwirtschaftlichen Betrieben zugute: Insgesamt erhalten 0,2 % der Begünstigten mehr als 100 000 Euro, was 24 % des Gesamtwerts der Zahlungen ausmacht.

• Schließlich haben die meisten Mitgliedstaaten keine Vorkehrungen mit Blick auf die (für 2014 vorgesehene) Einführung des bereits in den EU-15-Mitgliedstaaten eingerichteten (auf Zahlungsansprüchen basierenden) Systems getroffen, obgleich die einheitliche Flächenzahlung als Übergangsregelung angelegt war. Dies kann zu erheblichen Zahlungsverzögerungen in der Zukunft führen.

Der Hof empfiehlt einen gezielteren, ergebnisorientierten Ansatz, bei dem die Einkommensstützung auf aktive Landwirte ausgerichtet wäre, die konkrete und regelmäßige landwirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, und öffentliche Stellen nicht in den Genuss von Beihilfen kämen. Die Beihilfefähigkeit von Flächen sollte eindeutig festgelegt werden und nur für Parzellen gelten, auf denen konkrete und regelmäßige landwirtschaftliche Tätigkeiten erforderlich sind.

Es sollte eine ausgewogenere Verteilung der Beihilfen auf die Betriebsinhaber angestrebt werden, indem entweder eine Obergrenze für einzelbetriebliche Zahlungen festgelegt wird oder die besonderen Umstände der landwirtschaftlichen Betriebe in den verschiedenen Regionen berücksichtigt werden. Die Kommission sollte die strukturellen Schwächen im Agrarsektor beheben und die Mitgliedstaaten aktiv unterstützen sowie ihre Vorbereitungen im Hinblick auf die Einführung einer künftigen auf Zahlungsansprüchen basierenden Regelung genauer überwachen.

Die Legislativvorschläge der Kommission für die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013 greifen die diesbezüglichen Bemerkungen des Hofes (Stellungnahme Nr. 1/2012 des Europäischen Rechnungshofs zu einigen Vorschlägen für Verordnungen in Bezug auf die Gemeinsame Agrarpolitik für den Zeitraum 2014-2020) nur zum Teil auf. Bei der Erörterung und Annahme dieser Vorschläge könnten das Parlament und der Rat erwägen, diese im Lichte der Empfehlungen des Hofes einer erneuten Überprüfung zu unterziehen. (EuRH)
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