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10.02.2012 | 19:47 | Klimaforschung 

Werden Winter kälter und was ist der Grund?

Berlin - Wird es in Europa kälter, weil das Meereis schmilzt oder weil die Sonne kühler wird? Klimaforscher sagen, dass es in Wintern dieser Erdregion künftig häufiger Tieftemperaturen geben wird wie derzeit. Ein Energie-Manager lässt die Klimaerwärmung ganz ausfallen.

Unklare Klimaentwickling
(c) proplanta
Der klirrend kalte Winter in Europa erscheint wie eine Bestätigung jüngster Klimastudien. Einige Forscher sagen mehr kältere Wetterlagen im Winter voraus, wenn das Eis in der Arktisregion nördlich Europas weiter so stark schmelzen sollte wie bislang. Aber auch Fritz Vahrenholt, streitbarer RWE-Manager und früherer Umweltsenator in Hamburg, hätte sich wohl keinen besseren Zeitpunkt für seine Buchveröffentlichung aussuchen können als die derzeitigen Temperaturen. «Die kalte Sonne», schreibt er, führe künftig zu sinkenden Temperaturen auf der Erde.

Die These der deutschen Forscher: Die von menschengemachten Treibhausgasen verursachte Erderwärmung lässt das Eis der Arktis zurückgehen. Aufgrund der kleiner werdenden Eisfläche wird mehr Wasser erwärmt und damit auch die Luft darüber. Dies wiederum lasse durch komplexe Wechselwirkungen kalte arktische Luft im Winter besser bis nach Europa vordringen, erläutert Ralf Jaiser vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen bereits Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel im Jahr 2010. Folge seien extrem kalte Wetterlagen im europäischen Winter.

Sie versichern jedoch, dass ihre Thesen weder die globale Erderwärmung noch den Weltklimareport infrage stellen, sondern sich nur auf Teile des Winters in einer kleinen Region der Erdoberfläche beziehen. «Wir sagen, dass es in der Arktis wärmer und bei uns kälter wird. Auf Spitzbergen ist es im Moment ungewöhnlich warm und es regnet», erläutert Jaiser.

Der RWE-Manager Vahrenholt vertritt dagegen die These: Der Einfluss des menschengemachten CO2-Ausstoßes auf das Klima ist bisher völlig überschätzt worden - die Sonnenaktivität und ihre Magnetfelder seien die Klimatreiber. Weil die Sonne in einen Kältezyklus trete, falle die Katastrophe aus.

Doch das Buch wirft viele Fragen auf - war doch 2010 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert und zugleich ein Jahr relativ geringer Sonnenaktivität. «Das letzte Minimum des 11-jährigen Sonnenzyklus zwischen 2005 bis 2010 zeichnete sich durch eine außergewöhnliche Schwächephase aus», schreiben sogar Vahrenholt und sein Co-Autor Sebastian Lüning. Doch ziehen sie den Schluss: «Eine ähnliche Entwicklung Anfang des 19. Jahrhunderts führte zu einem dramatischen Absturz der Sonnenstrahlkraft, der aller Voraussicht nach auch jetzt eintreten wird und die Sonne einige Jahrzehnte auf Sparflamme köcheln lässt.»

Tritt die Sonne also in den Winterschlaf? «Es gibt keine zuverlässigen Aussagen über die künftige, langfristige Aktivität der Sonne», betont Wolfgang Schmidt, vom rennomierten Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg. «Und selbst, wenn sie schwächelt, hat das nur einen vergleichsweise geringen Effekt auf das Erdklima», erläutert Schmidt, der die Abteilung beobachtende Sonnenphysik am KIS leitet. «Für die Veränderungen des Klimas kann man weder den elfjährigen Sonnenzyklus noch einen längerfristigen Rhythmus verantwortlich machen.»

Ähnlich sehen das Klimaforscher: Bis zum Ende dieses Jahrhunderts werde der Temperaturanstieg um höchstens 0,3 Grad Celsius geringer ausfallen, als allein aus der Zunahme der Treibhausgase zu erwarten sei, schrieb das PIK bereits im Jahr 2010. Das renommierte britische MET Office geht sogar von einer Verminderung der Erderwärmung durch die Sonne bis 2100 von nur 0,08 Grad aus - bei einem Gesamtanstieg von rund 2,5 Grad. Der RWE-Manager Vahrenholt und Lüning prognostizieren dagegen bis 2035 eine gesamte Abkühlung um 0,2 bis 0,3 Grad Celsius.

Vahrenholt warnt daher ebenso wie manche Öl-Lobbyisten in den USA vor zu großer Hast beim Ausbau erneuerbarer Energien. Zur Erinnerung: Der Chef der RWE-Ökoenergiesparte Innogy, ein Professor der Chemie, arbeitet für ein Unternehmen, das zu den Energiekonzernen in der EU mit den höchsten CO2-Ausstößen gehört. Sein Co-Autor, ein gelernter Geologe, arbeitet für die Öltochter RWE Dea.

Haben also tausende Klimaforscher versagt? PIK-Forscher Stefan hat sich in seinem Blog schon oft mit Vahrenholts Thesen auseinandergesetzt und betonte nun bereits vor Veröffentlichung des 445-Seiten-Werks, dieser wärme «altbekannte Klimaskeptiker-Argumente auf, die vielfach widerlegt wurden». Auch sehr kalte Winter in Europa seien kein Hinweis auf eine Verlangsamung der globalen Erwärmung wegen einer erkaltenden Sonne. Mit einer Grafik zeigt Rahmstorf: «Eiseskälte bei uns, ungewöhnlich warm weiter westlich, in Island und dem Süden Grönlands, wo derzeit Plus-Temperaturen herrschen.» (dpa)
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