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09.08.2014 | 09:00 | Fleischwirtschaft 
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Russland, Fleisch und Tönnies' Versprechen an Putin

Rheda-Wiedenbrück/Münster - Deutschlands größtes Schlachtunternehmen steht bei Russlands Staatschef im Wort.

Fleischwirtschaft Russland
(c) proplanta
Clemens Tönnies, Chef des gleichnamigen Unternehmens im westfälischen Rheda-Wiedenbrück, sagte Ende 2013: «Ich habe Putin versprochen, mich in Russland zu engagieren.» Er wolle nicht nur Fleischwaren ins Land bringen und verkaufen, sondern auch vor Ort produzieren. Nur wenige Wochen nach dieser Aussage im «Wochenblatt für Westfalen-Lippe», einem Fachmagazin für die Landwirtschaft, bricht allerdings die Ukraine-Krise aus.

Kremlchef Wladimir Putin gerät deswegen international immer mehr unter Druck. In dieser Woche hat er als Antwort auf Sanktionen Lebensmittel-Exporte aus dem Westen in sein Land untersagt.

Tönnies ist auch Aufsichtsratschef des Bundesligisten Schalke 04, dessen Hauptsponsor ist der russische Staatskonzern Gazprom. Doch trotz des Tönnies-Versprechens, sich in Russland zu engagieren, machen die Sanktionen nicht vor dem Fleisch-Riesen aus Deutschland Halt.

Allerdings ist das keine Neuigkeit, denn seit Jahren kämpfen die Großen der Fleisch-Industrie immer wieder mit Problemen aus Moskau. Schon seit Februar 2014 gilt in Russland ein Importverbot für Schweinefleisch aus der EU. Als Begründung nennt Russland die Afrikanische Schweinepest, die nicht über die Grenze eingeschleppt werden soll. Zudem verhängte Moskau in den Jahren zuvor immer wieder teure Lieferstopps wegen angeblicher Hygiene-Mängel.

Die Schlachter mit Milliarden-Umsätzen wie das niederländische Unternehmen Vion und Westfleisch in Münster sprachen schon lange vor den jetzt verhängten Lieferstopps von Russland als Wachstums-Bremse für ihre Unternehmen. Die aktuelle Putin-Reaktion auf die EU- Sanktionen im Ukraine-Konflikt falle deshalb kaum ins Gewicht, sagen übereinstimmen Sprecher von Westfleisch und Vion Deutschland.        
 
«Der deutsche Markt ist überversorgt, 25 Prozent der Gesamt- Produktion aller Unternehmen gehen ins Ausland», erläutert Vion- Sprecher Karl-Heinz Steinkühler. Zwar würde das Unternehmen gerne nach Russland liefern, da es dort zuletzt schöne Zuwachsraten gegeben habe, beim Export in 64 Länder hätten die aktuellen Putin-Maßnahmen «für Vion aber keine außergewöhnlichen Auswirkungen».

Ein Tönnies-Sprecher schildert das für den deutschen Marktführer mit einem Umsatz von 5,6 Milliarden Euro im Jahr 2013 ähnlich. Das Exportverbot wegen der Afrikanischen Schweinepest belaste die ganze Branche. «Die aktuellen Sanktionen bestätigen den ohnehin schon geltenden Status quo.»

Bei Westfleisch in Münster - Umsatz 2013: rund 2,5 Milliarden Euro - kommen jetzt die ersten Container mit Rindfleisch zurück, die bereits auf dem Weg nach Russland waren. «Für diese Tiefkühlprodukte müssen wir jetzt neue Abnehmer finden. Das ist aber kein Problem und keine Bedrohung für unser Unternehmen. Wir kämpfen hier mit Marktverwerfungen, mehr nicht», sagt ein Sprecher. Der Export nach Russland liege weit unter fünf Prozent des Gesamtumsatzes.

Branchenbeobachter sehen bei Tönnies eine größere Verzahnung mit dem Land im Osten als bei der Konkurrenz. Der Exportanteil bei Tönnies übersteigt 50 Prozent. Hauptmärkte im Ausland sind nach Angaben von 2013 Russland und zunehmend Asien.

Noch weit vor dem EU-Lieferstopp Anfang 2014 lieferte Tönnies nach eigenen Angaben rund fünf Prozent der Schweine-Produkte an Russland. In der «Neuen Westfälischen» sprach Tönnies-Geschäftsführer Josef Tillmann im Juli 2013 von 2500 Tonnen Schweinefleisch pro Woche. Wenn Russland die Ware nicht mehr abnimmt, stünde im Hauptwerk in Rheda-Wiedenbrück rechnerisch pro Woche ein Schlachttag (25.000 Schweine) zur Disposition, sagte Tillmann damals.

Tönnies geht es aber nicht nur um den Export. Das Versprechen an Putin bedeute vielmehr, dass das Unternehmen auch vor Ort produziert, sagte Tönnies im Dezember 2013. Das sei der Regierung in Moskau wichtig. Bis 2017 wollte die Tönnies-Gruppe in Russland so weit sein, jährlich 1,5 Millionen Schweine zu mästen, zu schlachten und zu zerlegen. «Wer meint, nur exportieren zu wollen, ohne sich selbst im Land auch zu engagieren, liegt falsch.» (dpa)
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Kommentare 
Tierschutz schrieb am 09.08.2014 12:37 Uhrzustimmen(148) widersprechen(196)
so schnell kann Tierquälerei auch mal beendet werden.
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