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29.05.2008 | 08:00 | Milchboykott 

Lieferboykott der Milcherzeuger nachvollziehbar, aber ungeeignet

Schwerin - Angesichts stark gefallener, derzeit nicht Kosten deckender Erzeugerpreise zeigt der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Till Backhaus zunächst Verständnis für den vom Bund Deutscher Milchviehhalter BDM initiierten, am Dienstag auch in Mecklenburg-Vorpommern gestarteten Lieferboykott.

Lieferboykott der Milcherzeuger nachvollziehbar, aber ungeeignet
Milch ist ein hochwertiges Lebensmittel, dessen Erzeugung nicht nur buchstäblich den Schweiß des Landwirts kostet, und dies 365 Tage im Jahr, sondern auch das Produkt einer gewaltigen physischen Leistung der Milchkühe. Es nicht seinem Zweck zurückzuführen hält der Minister, wie die Mehrheit der Milcherzeuger im Land, daher als ungeeignetes Instrument. Nur etwa ein Viertel der Milch produzierenden Betriebe hat sich bisher in Mecklenburg-Vorpommern dem Aufruf des BDM angeschlossen.

Die wirtschaftliche Situation in der Milcherzeugung ist wie in anderen Veredlungsbranchen sehr angespannt. Hauptursache sind die drastisch gestiegenen Futter- und Energiekosten. Die Marktpreise hatten im vergangenen Herbst mit dem Preishoch zeitweilig für Entspannung in der Milcherzeugung gesorgt. Inzwischen sind die Auszahlungspreise seit Jahresanfang wieder deutlich gesunken, bei gleichzeitig weiter steigenden Kosten.

Nahrungsmittelproduktion dürfen allerdings nicht zum Spielball politischer Interessen werden, dessen müssten sich alle bewusst werden. Erzeuger können nur dann langfristig wertvolle Rohstoffe für die Lebensmittelproduktion produzieren, wenn sie dafür angemessen entlohnt werden. Verbraucher dagegen fragen natürlich nach preiswerten Nahrungsmitteln. Sie müssen sich aber auch bewusst sein, dass die gewünschte Erzeugung wertvoller Agrarerzeugnisse aus heimischer Produktion ihren Preis haben muss.

Minister Backhaus erteilt den Vorstellungen von Bundesminister Horst Seehofer eine klare Abfuhr, die Abschaffung der Milchquoten bis 2015 auf Grund der aktuellen Preissituation in Europa in Frage zu stellen. Zugleich hält er den Vorschlag aus den Niederlanden für unzureichend, dies allein den Kräften des Marktes zu überlassen, in dem man die Milchquoten noch stärker als bisher geplant erhöht.

Illusorisch und ein Stückweit naiv sei allerdings auch die Vorstellung, das Problem nur mit Appellen an die Konzernetagen des Lebensmitteleinzelhandels zu lösen. Dass Milch und Milchprodukte oder auch andere Lebensmittel hingegen - auch vor dem Hintergrund der starken Marktmacht weniger Handelsriesen gegenüber einer Vielzahl an Erzeugern -  immer wieder als Machtinstrumente missbräuchlich verwendet würden, sei moralisch höchst verwerflich, wie Backhaus weiter mitteilt.

Nicht zuletzt hat jeder Verbraucher die Möglichkeit, bewusster einzukaufen, denn wie anderswo auch ist billig nicht gleich günstig. Wer auch künftig hochwertigste Lebensmittel für selbstverständlich hält, muss akzeptieren, dass bestimmte Erzeugerpreise notwendig sind. "Es ist eben nicht nur eine Frage des Durchschnittseinkommens, das gerade in Mecklenburg-Vorpommern deutlich niedriger ist als anderswo in Deutschland, ob man sich auch zu Kosten deckenden Preisen noch Milch und Milchprodukte leisten kann - es ist auch eine Frage, wie viel Wert wir guten und gesunden Lebensmitteln und unserer Ernährung insgesamt beimessen", erläuterte der Minister mit Blick auf die soziale Komponente preiswerter Lebensmittel, die aber auch ihren Preis haben müssten. (PD)
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