Viele Geschenke gab es bei der Familie Manalang zu Weihnachten nie, dafür war die philippinische Familie viel zu arm. Vater Lito (30) verkaufte Enteneier und schlug sich als Tagelöhner im Hafen von Tacloban durch. «Aber wir hatten immer Spaß», sagt er. «Wir haben am Strand gepicknickt, da war früher auch ein Spielplatz.»
Doch als der Taifun «Haiyan» Anfang November über seiner Heimat wütete, änderte sich sein Leben dramatisch. Der
Wirbelsturm entriss ihm seine Frau und seine beiden Töchter, die zehnjährige Angel (Engel) und die sechsjährige Princess (Prinzessin).
«Manchmal will ich nur noch sterben, aber mein achtjähriger Sohn braucht mich, deshalb versuche ich stark zu sein.» Manalang wischt sich mit dem Hemdsärmel die Tränen ab. Jemand hat in der Nähe einen kahlen Strauch, der die meterhohen Wellen überlebte, mit einer Girlande und Gehängen geschmückt. «Frohe Weihnachten» steht auf einem selbstgemalten Schild darunter.
Die Philippinen sind ein katholisches Land, Weihnachten ist eines der zentralen Feste. Die Feierlichkeiten beginnen neun Tage vor dem Fest mit tägliche Frühmessen. Die sind auch in den beschädigten Kirchen des Taifungebiets gut besucht.
«Wir danken dem Herrgott fürs Überleben», sagt Pacita de la Cruz, die 15 Angehörige verlor. «Wir hatten Weihnachten immer so viel Spaß - so wird es nie wieder.». Jetzt haust sie mit elf Verwandten in einer engen Hütte, da kommt ohnehin keine Weihnachtsstimmung auf. Mehr als 6.100 Menschen kamen bei der Katastrophe ums Leben. Vier Millionen Menschen verloren ihre Häuser und Wohnungen.
Am Flughafen von Tacloban verkauft Nikko Badhla, Sänger einer lokalen Band, T-Shirts mit der Aufschrift: «Rappel Dich auf, Tacloban». Mit dem Geld will er Schulhefte und Schreibmaterial für Kinder kaufen und sie am 1. Weihnachtstag verteilen. «Meine Familie ist intakt geblieben, nur unsere Küche wurde zerstört. Diese Aktion ist meine Art, dem Herrgott zu danken», sagt er.
Helena Claire Canayong will Kindern mit ihrer Hilfsorganisation «Volunteer for the Visayans» wenigstens einen kleinen Lichtblick geben: Sie packt in einem Slum gespendetes Spielzeug, Kleidung, Kekse und Schulbücher in Geschenkpapier. «Weihnachten ist doch ein Fest für Kinder», sagt sie.
Diese Hilfe wird den Sohn des Tagelöhners Lito Manalang kaum erreichen. Das Kind ist schwer traumatisiert und müsste behandelt werden. Während seine Mutter und Schwestern von der Sturmflut am 8. November fortgerissen wurden, überlebte er an einen Ast geklammert. Wie er ihn an den Festtagen trösten soll, weiß der Vater noch nicht. «Wir können nicht feiern», sagt er. «Aber ich hoffe, dass der Schmerz nachlässt.» (dpa)