Für Leitungswasser müssen die meisten Menschen in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr tiefer in die Tasche greifen. Etliche Wasserversorger ziehen die Preise an, denn die Förderung von Wasser ist für sie nicht länger gratis. Stattdessen müssen sie den sogenannten Wassercent entrichten - eine Sonderabgabe auf Grund- und Oberflächenwasser.
Den einzelnen Bürger soll die neue Gebühr rund drei Euro pro Jahr kosten. «Die Belastungen sind moderat», sagte Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) Ende 2012 in Mainz.
Das können Unternehmer nicht immer behaupten. Denn wer viel Wasser verbraucht, den belastet die Abgabe auch in der Wirtschaft stärker, wie eine
Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.
Der Landtag hatte die Einführung des Wassercents im Juni beschlossen. Seit dem 1. Januar müssen Unternehmen und Wasserversorger einstellige Cent-Beträge pro Kubikmeter (1.000 Liter) geförderten Wassers bezahlen. Die Umweltministerin verspricht sich Einnahmen von rund 20 Millionen Euro. Damit sollen Projekte bezahlt werden, um einer EU-Richtlinie zum Schutz von Gewässern nachzukommen.
Für die meisten öffentlichen Wasserversorger entständen durch den Wassercent keine Mehrkosten, sagte der wasserpolitische Sprecher des Landesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz (LDEW), Willi Kiesewetter. «Der überwiegende Teil gebe die Mehrkosten direkt an die Verbraucher weiter». Den knapp 220 000 privaten Abnehmern des zweitgrößten Wasserversorgers im Land, der Wasserversorgung RHEINHESSEN-PFALZ, koste der Wassercent durchschnittlich 2,60 Euro pro Jahr, sagte Kiesewetter.
Die Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein (VWM) schätzen die Mehrkosten für ihre 140.000 Verbraucher im Raum KOBLENZ/LAHNSTEIN auf insgesamt 550.000 Euro. Ein vierköpfiger Haushalt muss mit etwa 11 Euro Aufschlag pro Jahr rechnen.
Kunden der Stadtwerke MAINZ merken vom Wassercent dagegen nichts - Wasser sei sogar billiger geworden, sagte Sprecher Michael Theurer. Der Preis pro Liter sei 2013 um etwa 15 Prozent niedriger als im Vorjahr. Das Bundeskartellamt hatte allerdings Ende 2011 das Wasser in Mainz als zu teuer eingestuft und auf einen Nachlass gedrängt. Der Wassercent betreffe auch große Teile des Mainzer Wassers deshalb nicht, da es in Hessen gefördert werde, betonte Theurer.
Härter als die Privatkunden treffe der Wassercent Industriebetriebe mit hohem Wasserverbrauch, sagte der Umweltexperte der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern (IHKs), Tibor Müller. Besonders Unternehmen aus der Chemie-, Lebensmittel- und Papierbranche, Rohstofflieferanten, Energieversorger und Stahlwerke müssten tief in die Tasche greifen. «Die
BASF wird die Hälfte der Last tragen», sagte Müller.
Der Chemiekonzern BASF selbst rechnet in seinem Werk in LUDWIGSHAFEN mit Mehrkosten von rund zehn Millionen Euro. Ihren Wasserbedarf - hauptsächlich zur Kühlung der Produktionsanlagen - decke die BASF zu großen Teilen aus dem Rhein, sagte eine Sprecherin. Im vergangenen Jahr wurden knapp 1.400 Millionen Kubikmeter (1,4 Billionen Liter) entnommen. Den weitaus größten Teil leitet das Unternehmen nach eigenen Angaben zurück in den Fluss.
BASF kritisierte die uneinheitliche Regelung in Europa. Man wolle «gleiche Bedingungen wie unsere Wettbewerber aus anderen europäischen Ländern». Der MAINZER Glashersteller Schott wollte sich auf Anfrage nicht zu Kosten oder Auswirkungen des Wassercents äußern. (dpa/lrs)