BLW-Vizedirektor Christoph Böbner zeigte sich überzeugt, dass Schweizerinnen und Schweizer den Vorteil der inländischen Produkte weiterhin schätzen würden und dass die Landwirtschaft mit ihren Qualitätsprodukten gute Chancen auf dem EU-Markt hätte. Anders sehen das die Obstproduzenten: Sie befürchten einen Einbruch der inländischen Produktion von bis zu 30%. Obstverbands-Direktor Bruno Pezzatti forderte für einen allfälligen Agrarfreihandel Begleitmassnahmen, damit Schweizer Produzenten gleich lange Spiesse bekämen wie ihre EU-Konkurrenten.
«Schweizerinnen und Schweizer werden die Vorteile der inländischen Produkte weiterhin schätzen, und die Landwirtschaft mit ihren Qualitätsprodukten hat gute Chancen auf dem europäischen Markt.» Dieses Fazit zog Christoph Böbner, Vizedirektor am Bundesamt für Landwirtschaft BLW, aufgrund von Studien und ersten Erfahrungen im EU-Markt. Handlungsbedarf sieht Christoph Böbner bei den Produktionskosten und beim Zugang zum EU-Markt:
«Wichtig sind Möglichkeiten zur Senkung der Produktionskosten - laut Modellrechnungen um jährlich ca. 1 Mrd. Schweizerfranken. Dann braucht es einen verbesserten Zugang für die Schweizer Exportprodukte auf den EU-Markt mittels Einbezug der gesamten Produktionskette sowie einen Abbau von Handelshemmnissen.» Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Landwirtschaft würde damit gestärkt, für die Produzentinnen und Produzenten würden klare Perspektiven geschaffen, so Böbner.
Erfolgsfaktoren für den EU-Markt Rian Verwoert, Direktor der Koninklijke Fruitmasters Groep in den Niederlanden, zeigte die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Schweizer Obstwirtschaft in einem freien Markt auf: «Besonders zentral wird die Fähigkeit sein, sich von der Konkurrenz abzuheben - sei dies nun mittels Qualität, Verpackung, neuer Produkte, einer breiten Abdeckung des gesamten Früchtesortiments oder besonderer Dienstleistungen für die Kundinnen und Kunden.» Die Natur, die Berge, der Schnee, die saubere Luft - für Verwoert sind dies alles Standort-Vorteile, die als Marketing-Argumente verwendet werden können.
Verwoert ermutigte die Obstproduzenten und den Früchtehandel, eine mögliche Marktöffnung als positive Herausforderung anzunehmen und Partnerschaften aufzubauen.
Gleich lange Spiesse sind gefordert Gegen einen Agrarfreihandel stellt sich der Schweizerische Obstverband SOV. Für SOV-Direktor Bruno Pezzatti ist klar: Ein möglicher Agrarfreihandel braucht Begleitmassnahmen. Direktzahlungen für Basisleistungen der Landwirtschaft, Ernteversicherungen, Investitionsbeiträge und -kredite und einige weitere Massnahmen sieht Pezzatti als unverzichtbar. Nur so sei gewährleistet, dass Produzentinnen und Produzenten aus der Schweiz und der EU gleich lange Spiesse hätten - eine Forderung, die viele Tagungsteilnehmende ebenfalls stellen. Ob sie politisch realisierbar ist, fragen sich aber einige.
Auch weitere Stimmen aus dem Tagungspublikum zeigten, dass die zu bewältigenden Herausforderungen als grösser angesehen werden als die möglichen Chancen. Viele Branchenvertreter fürchten, dass die einheimische Produktion massiv Marktanteile verlieren könnte.
Selbstbewusst strichen einige heraus, dass viele Schweizer Produzenten bezüglich Produktionstechnik und Innovation ihren ausländischen Konkurrenten allemal das Wasser reichen könnten. Ein Tagungsteilnehmer ist der Meinung: «Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten schätzen inländische Früchte, weil sie in der Nähe produziert werden und qualitativ hervorragend sind. Das Vertrauen dieser Kundschaft zu halten wird auch weiter eines unserer wichtigsten Ziele sein.»
Organisiert wurde die Veranstaltung von der
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Agridea, den Zürcher Erwerbsobstproduzenten und dem Alumni-Netzwerk Wädenswil. (ACW)