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15.03.2011 | 16:30 | Getreidemarkt 

Japan und internationaler Getreidemarkt zwischen Hoffen und Bangen

Wien - An der wichtigsten europäischen Warenterminbörse Euronext in Paris standen gestern, Montag, Weizen, Mais und Raps unter massivem Verkaufsdruck einer Liquidationswelle auch unter dem Eindruck stark fallender Aktienmärkte. Es geht die Furcht um, japanische Fonds steigen massiv aus dem Rohstoffsektor aus, um damit ihre Verluste auf den Aktienmärkten zu kompensieren.

Getreidemarkt
Ein Ende ist noch nicht abzusehen. Heute, Dienstag, Vormittag setzten die europäischen Weizen-, Mais- und Rapsfutures ihre Talfahrt ungebremst fort. Der Europäische Weizenfutures brachte es heute auf 20 % Verlust seit Einsetzen der ersten panikartigen Verkäufe am 22.02. und auf mehr als 25 % Minus seit seinem Zweieinhalb-Jahre-Hoch am 09.02.2011.

"Wer damals noch nicht verkauft hat, der tut es jetzt", so Analysten an der Euronext zur Katerstimmung infolge zuerst der politischen Instabilität in Nordafrika und jetzt des verheerenden Erdbebens und Tsunamis in Japan mit der drohenden Nuklearkatastrophe.

Auch der New Yorker Rohzuckerfutures fiel am Dienstag um 4,9 % auf seinen tiefsten Stand seit Mitte Dezember 2010. An der CBOT in Chicago war am Montag vor allem die Maisnotierung von den Ängsten um die Unterbrechung der Handelsströme nach Japan betroffen.


Talsohle gesucht - Ab April wieder Rückkehr von Fonds und physischer Nachfrage gesehen

Die Frage lautet jetzt, wo die Talsohle angesiedelt ist. "An einem gewissen Punkt werden die Leute nämlich wieder für mehr zurückkommen müssen", hieß es heute an der Euronext. Trotz - oder zum Teil auch wegen - der scharfen Preiskorrekturen bei Getreide sehen nämlich Analysten wie der Chef des französischen Beratungsunternehmens Agritel, Michel Portier, ab Anfang April neuerliche Aufkäufe von Investmentfonds und Importländern.

"Anfang April sollten wir wieder Fonds haben, die in alle Rohstoffe investieren, dank des Faktums, dass die Wirtschaft weiterhin stark ist und dank der Nachfrage Chinas." Tatsächlich scheinen die Märkte zurzeit sehr stark von Psychologie geprägt, denn an den fundamentalen Marktdaten änderte auch die Katastrophe in Japan nichts Grundlegendes.

Dennoch fiel an der Pariser Euronext am Montag der für die neue Ernte maßgebliche europäische Weizenfutures zum Liefertermin November 2011 um 2 % auf einen Schlusskurs von EUR 199,75 pro t unter die psychologisch wichtige 200-Euro-Marke. Der vorderste Liefertermin, Mai 2011, schloss mit EUR 216,75 zwar um EUR 2,25 über dem Tagestief, aber dennoch um EUR 6,25 oder 2,8 % unter dem vorigen Handelstag, dem vergangenen Freitag.

Von seinem Kontrakthoch von EUR 278,25 im Februar 2011 war damit der Pariser Mai-Weizenfutures jetzt gar schon 22 % entfernt. An der US-Leitbörse CBOT in Chicago half der US-Wettermarkt mit Trockenheit im Winterweizenanbauzentrum, den Great Plains, Weizen und Soja nach anfänglich ebenfalls herben Verlusten leicht ins Plus. Der CBOT-Weizenfutures hatte aber allein vorige Woche auch schon Verluste von 13,6 % zu verzeichnen.

Das leichte Kursplus in Chicago bremste auch gegen Handelsschluss die Talfahrt des Weizens an der Euronext. Zwischen Bangen um Preissturz wie 2008/09 und Hoffen auf Erholung auf EUR 250,- Die Preise sollten nach Meinung Portiers - obwohl sie zuletzt schon so weit waren - letztlich aber nicht so tief abstürzen wie 2008 und 2009.

Dem Experten zufolge fänden die europäischen Weizenpreise der neuen Ernte 2011 eine Talsohle bei EUR 170,- pro t im Falle einer Normalernte und anhaltendem allgemeinwirtschaftlichen Gegenwind. "Wenn sich aber die politische Lage entspannt, könnte sich der Markt jenseits der EUR 200,- stabilisieren und sich sogar gegen EUR 250,- hin erholen, sollten Wetterereignisse die Ernte 2011 treffen", so Portier.


Volatilität unausweichlich - Wer Volatilität regulieren will, muss das Wetter regulieren

Keine Illusionen macht sich der Beratungsspezialist allerdings über die "Unausweichlichkeit" künftiger extremer Preissprünge.

Portier: "Es gibt keinen Weg, die Volatilität langfristig zu stoppen. Wenn man die Volatilität regulieren will, muss man das Wetter regulieren", außer die Importländer würden ihre Lagerkapazitäten vergrößern, um die Effekte knapper Versorgungslagen abfedern zu können. Er zeigt sich aber skeptisch, dass die Importländer ihre Anstrengungen auch dann noch aufrechterhalten würden, wenn sich die Preissituation und politische Lage erst wieder etwas entspannten.


USA fürchten vor allem um Maisexporte nach Japan

In Chicago ging es am Montag nur mit Mais bergab, weil man in den USA befürchtet, die Maislieferungen an Japan könnten nach dem Beben kurzfristig um 1 Mio. t einbrechen. H

ier fürchten die Amerikaner signifikante Auswirkungen auf ihren Agrarhandel. Die USA sind der größte Maislieferant Japans. Das fernöstliche Kaiserreich nimmt 30 % des Maisexports der USA, des mit insgesamt 49,5 Mio. t weltweit größten Maislieferanten auf dem Weltmarkt, auf. Japan ist nach Angaben von Toepfer International größter Importeur von Mais (16,1 Mio. t), der viertgrößte von Sojabohnen (3,5 Mio. t) und die Nummer fünf bei den Weizeneinfuhren (5,2 Mio. t).

Die Beeinträchtigung der Weizen-, Mais- und Sojalieferungen in das stark importabhängige Japan durch die Schäden an Infrastruktur und Häfen werden jedoch nur als temporär gesehen. Die zumeist kleineren Häfen im von dem Erdbeben und folgenden Tsunami besonders hart betroffenen Norden Japans spielten für den Getreideumschlag kaum eine Rolle. Allerdings könnte Japans Silokapazität zu 15 bis 20% vernichtet worden sein. Japan führt Weizen, Mais und Soja vor allem aus den USA, Kanada und zum Teil auch aus Australien ein.

Die Futtermittelindustrie des Landes soll auch Schaden genommen haben, wenngleich die meisten Kapazitäten im weniger stark vom Beben in Mitleidenschaft gezogenen Zentraljapan angesiedelt sind. Längerfristig dürfte auch die Nachfrage Japans aber nicht abnehmen. Japan beherbergt auf einer 4,5-mal so großen Staatsfläche von 377.835 km2 wie Österreich (83.879 km2) mit 127,4 Mio. Einwohnern 15-mal so viele Menschen wie Österreich (8,4 Mio.). Die Bevölkerungsdichte in Japan ist mit 337 Einwohnern pro km2 extrem hoch und liegt um das 3,37-Fache über der von Österreich. (apa-ots)
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