Freuten sich Landwirte in trockenen Jahren über jeden Tropfen, der den Saatkörnern beim Keimen half, so sieht man in diesem Jahr überwiegend in besorgte Gesichter, wenn sich Niederschläge ankündigen. Denn das nur unzureichend abfließende Oberflächenwasser führt zu einer dauerhaften Vernässung von landwirtschaftlich genutzten Flächen. Im Herbst mit Raps und Getreide bestellte Äcker stehen seit Wochen unter Wasser. Zum Teil sind erste Bestellversuche gescheitert, weil die frisch auflaufenden Pflanzen im Wasser stehen und verfaulen. Nun droht der zweiten Aussaat das gleiche Schicksal.
Negative Auswirkungen der diesjährigen
Wetterkapriolen haben in besonderem Maße die Landwirtschaftsbetriebe im Wittenberger Raum zu spüren bekommen: Nach erschwerten Erntebedingungen im Sommer kann von vielen Grünlandflächen kein Gras mehr in die Vorratssilos gebracht werden. Um die Versorgung der Milchkühe zu sichern, musste Futter in großem Umfang zugekauft werden. Weitsichtig arbeitende Betriebe haben schon Stroh aus der kommenden Ernte in anderen Regionen vertraglich gesichert, weil sie von ihren eigenen Flächen nicht den eigenen Bedarf für die Einstreu in den Ställen decken können.
Landwirtschaft ist seit jeher in großem Maße von den Launen der Natur abhängig. Arbeiten mit der Natur heißt seit langem, dass Möglichkeiten genutzt werden, die nachteiligen Auswirkungen natürlicher Einflüsse abzumildern. Die Diskussion um Flächenentzüge muss nach den Entwicklungen der vergangenen Jahre erweitert werden, denn was nicht nur die Niederschlagsereignisse diesen Jahres gezeigt haben, sondern vielerorts schon länger zu beobachten ist, trifft immer breitere Kreise des Berufsstands mit immer drastischeren Auswirkungen: Die nicht an Naturgegebenheiten angepasste Pflege von Gräben und Fließgewässern führt dazu, dass viele Hektar Land der Bewirtschaftung entzogen werden. Für viele Landwirtschaftsbetriebe als wichtige Arbeitgeber im ländlichen Raum bedeutet das Kampf um Existenz.
Besonders monieren sie Abstimmungsprobleme und die Auslegung von Verwaltungsvorschriften. Zwar wird den gesetzlichen Verpflichtungen zur Gewässerunterhaltung nachgekommen wird, aber das Ziel verfehlt wird, die an die Gewässer angrenzenden
Agrarflächen vor Dauervernässung zu bewahren.
Für eine erfolgreiche Bewältigung der Gewässerunterhaltung fordern sie landkreisübergreifende Koordination der Pflegemaßnahmen unter Einbeziehung der Betroffenen, rechtzeitige Bereitstellung der Finanzen für frühestmögliche Handlungsfähigkeit der Unterhaltungsverbände, regionale Koordinierungsgruppen, um auch außerhalb der Maßnahmepläne auf unvorhergesehene Ereignisse kurzfristig zu reagieren, Flexibilität und hohe Bearbeitungsgeschwindigkeit bei Anträgen zur Gewässerpflege auch bei Ausnahmegenehmigungen für die Pflege außerhalb gesetzlicher Fristen und eine kurzfristige Begutachtung, ob eine geänderte Grundwassersituation eine Grundräumung oder einen Ausbau der Gewässer erfordert, beziehungsweise, ob technische Hilfsmittel (Pumpen) installiert werden oder Drainagen neu angelegt werden müssen.
Seitens des Landesbauernverbandes wird ein Dialog befürwortet, wo sich die Beteiligten sachlich mit den örtlichen Bedingungen beschäftigen und gemeinsam praktikable Lösungen finden. Schnellstmöglich müssen die Gewässer geräumt werden, um die Wassermassen abführen zu können, Pumpwerke müssen in Betrieb genommen werden und mittelfristig müssen Konzepte erarbeitet werden, was zu tun ist, um derart schädliche Auswirkungen auf den wichtigsten Wirtschaftszweig im ländlichen Raum zukünftig zu vermeiden. (lbv-sachsenanhalt)