Die Branche, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zumindest im Export auf ein stetiges Wachstum setzen konnte, wird 2020 nach aktueller Einschätzung des mitgliederstärksten Landwirtschaftsverbandes (Coldiretti) „erstmals seit 30 Jahren“ einen Rückgang bei den Ausfuhren verkraften müssen.
Experten rechnen mit einer Abnahme um 4 %. Im vergangenen Jahr erreichte der Weinexport Italiens den Rekordwert von rund 6,4 Mrd Euro. Von Januar bis Mai 2019 wurde Wein im Wert von 2,5 Mrd Euro ausgeführt; dieses Jahr wurden in derselben Zeitspanne 2,4 Mrd Euro erreicht.
Der Rückgang erscheint nicht dramatisch, doch Marktanalysten weisen darauf hin, dass in den vergangen Jahren der Weinexport um durchschnittlich 4 % gestiegen sei. Wesentliche Ursache für den Rückgang ist die Corona-Pandemie, die in den meisten Abnehmerländern zeitweise den Absatz in der Außer-Haus-Verpflegung zum Erliegen gebracht hat.
Hinzu kommt der Brexit: Das Vereinigte Königreich, einst Italiens größter Abnehmer von Prosecco, hat die Einfuhr von Januar bis Mai 2020 um 12 % reduziert. Auf sogar 44 % wird der Rückgang auf dem chinesischen Markt beziffert, wo das Coronavirus zuerst zugeschlagen hatte. Die Umsätze im Deutschland-Geschäft nahmen dagegen nur geringfügig ab, nämlich um 0,6 % auf 429,3 Mio Euro. Von Januar bis Mai 2019 hatten diese allerdings noch um 6,2 % zugenommen.
Zu schaffen macht den Winzern in Italien zum Start der diesjährigen Lese auch der Mangel an Erntehelfern. Die Coronavirus-Sicherheitsmaßnahmen hätten viele Saisonkräfte davon abgehalten, nach Italien zu kommen, berichtete Coldiretti-Präsident Ettore Prandini. Laut seinen Angaben fehlen an die 25.000
Saisonarbeiter „die vielleicht mit einheimischen Arbeitslosen ersetzt werden könnten, wäre das Prozedere der Bezahlung mit Vouchern etwas einfacher“. Jetzt müsse die Politik schnell handeln und den Export unterstützen sowie bürokratische Hürden aus dem Weg räumen, mahnte Prandini. Denn 39 % der
Winzer steckten in großen Schwierigkeiten. Gemäß der jüngsten Schätzung des staatlichen Statistikamtes (Istat) wird sich die Weinproduktion aus der Ernte 2020 auf 45 Mio hl belaufen; das wären 5 % weniger als 2019.