Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft

25.10.2009 | 18:55 | Pflanzenschutz 

Pestizide schüren Suizidgedanken

London/Hamburg - Je intensiver Menschen Pestiziden ausgesetzt sind, desto eher denken sie an Selbstmord.

Pestizide schüren Suizidgedanken
(c) proplanta
Das zeigen Psychiater vom Londoner King's College gemeinsam mit chinesischen Kollegen in einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Bei 10.000 Bauern Chinas verglichen sie durch eine repräsentative Befragung, wie diese Pestizide zur Schädlingsbekämpfung aufbewahrten und wie es um ihre geistige Gesundheit stand.

Chinas Landwirte verwenden vor allem Pestizide, die auf Phosphorsäureester basieren. "Diese Substanzen sind global noch weit verbreitet, wenn sie auch in den meisten westlichen Industriestaaten verboten wurden", berichtet Studienleiter Robert Stewart. Die Provinz Zhejiang am ostchinesischen Meer, auf die sich die Studie konzentratierte, zählt allerdings zu den reichsten Regionen Chinas, unter anderem aufgrund ihrer Seidenproduktion. Daneben werden auch Reis, Weizen, Mais, Baumwolle, Zuckerrohr und Süßkartoffeln angebaut.


Gefährliche Aufbewahrung zuhause

Die Forscher wollten von den Menschen unter anderem wissen, ob sie in den letzten zwei Jahren an Selbstmord gedacht hatten. Der Vergleich mit den Angaben zur Aufbewahrung der Pestizide zeigte erstmals, dass Menschen, die Pestizide zuhause aufbewahrten, viel häufiger von Suizidgedanken betroffen waren. Auch der leichte Zugang zu Pestiziden war ein wichtiger Faktor. Regionen, in denen die meisten Menschen Pestizide zuhause aufbewahrten, hatten auch die vergleichsweise höchste Selbstmordrate.

Die hohe Gefährlichkeit der Einnahme großer Mengen an Pestiziden ist schon lange bekannt. Ein Gesundheitsrisiko ist jedoch auch die chronische Aussetzung von Pestiziden in niedrigen Konzentrationen, wenn Landwirte etwa bei der Feldarbeit die Giftstoffe über Lunge und Hautatmung aufnehmen. Bisherige Forschungen zeigen einen Zusammenhang mit häufigerem Auftreten einer Krebs-Vorstufesowie auch Nervenschädigungen und Probleme der geistigen Gesundheit.


Toleranzschwelle sinkt

Dass Pestizide nicht alleiniger Grund für mehr Suizidgedanken sein dürften, jedoch möglicherweise die Toleranzschwelle dafür senken, vermutet Georg Fiedler von der Gesellschaft zur Suizidprävention. Trotz fehlendem Nachweis direkter Wirkzusammenhänge seien auch in Deutschland vergleichbare Fälle bekannt. "Im 1984 geschlossenen Zweigwerk Hamburg-Moorfleet des Chemieproduzenten Boehringer, wo Ausgangsprodukte für Herbizide hergestellt wurden, erkrankten viele Arbeiter nicht nur körperlich schwer, sondern begingen auch sehr häufig Suizid", so Fiedler.

Die Forscher sehen den Beweis erbracht, dass der hohe Kontakt mit Pestiziden mit hohem Selbstmordrisiko zusammenhängt. "Teilweise dürfte das den Grund zeigen, warum es in ländlichen Regionen Chinas zu viel mehr Selbstmorden kommt als in den Städten", so Jianmin Zhang, Psychiater am Tongde Hospital der Provinz Zhejiang. Die Ergebnisse könnten China bei Maßnahmen zur Suizidprävention helfen und Forderungen verstärken, dass der Zugang zu Pestiziden in der Landwirtschaft weltweit strenger kontrolliert wird. (pte)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Gemüsebau - Tierische Schädlingspopulationen breiten sich aus

 Sommergerste: Abschlussbehandlung steht an

 Fusarium-Behandlung in Winterweizen: Ja oder Nein?

 Erste Trichogramma-Ausbringung in Mais im bivoltinen Gebiet!

 Mais möglichst konkurrenzfrei halten

  Kommentierte Artikel

 Geld wie Heu - Geht auf den Bauernhöfen wirklich die Post ab?

 Tote Ziegen im Schwarzwald gehen auf Rechnung eines Wolfs

 Gärtner verzweifeln über Superschnecke

 Bauerndemo in Brüssel für faire Preise

 Tierschutznovelle erntet Kritik von allen Seiten

 Online-Abstimmung über Verbrenner-Verbot manipuliert?

 Wut und Wahlen 2024: Die zunehmend mächtige Gruppe der Nichtwähler

 NRW-OVG verhandelt Streit um ein paar Gramm Wurst zu wenig

 Ruf nach Unterstützung der Imker

 Kein kräftiger Aufschwung in Sicht - Wirtschaftsweise für Pkw-Maut