Als ausgewachsene Elefantenkuh ist sie definitiv eine «große Dame». Und dass ihr dennoch der Schalk im Nacken sitzt, beweist ihr flinker Rüssel, mit dem sie nach allem fischt, was nicht niet- und nagelfest ist. Das Dickhäuter-Mädel gehört zu den drei Elefanten, die derzeit mit dem Zirkus Charles Knie durch die Lande ziehen.
Und das macht sie zu einem heiß diskutierten «Objekt». Denn erneut streiten Tierschützer und Zirkusse darum, ob bestimmte Wildtierarten aus reisenden Unternehmen verbannt werden müssen. Der Deutsche Tierschutzbund fordert von der sich abzeichnenden Regierungskoalition in Berlin ein Wildtierverbot für Zirkusse.
Der
Bundesrat hatte 2011 ein Verbot von Großaffen, Elefanten, Bären, Giraffen, Nashörnern und Flusspferden in der Manege gefordert, die Bundesregierung ist darauf aber bisher nicht eingegangen. Sie verweist auf die Berufsfreiheit der Dompteure und Eigentumsrechte der Zirkusunternehmen. Dompteure könnten aber auch andere Tiere trainieren, heißt es beim Tierschutzbund.
Erneut losgetreten hat die Diskussion Baden-Württembergs Tierschutzbeauftragte Cornelie Jäger. Wie zuvor schon ihre hessische Kollegin Madeleine Martin hat Jäger Kommunen rechtliche Tipps an die Hand gegeben, wie sie Zirkussen mit Elefanten oder Giraffen den Zugang zu den Festplätzen verwehren können.
Nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes gibt es bundesweit schon etliche Städte, die Auftritte von Zirkussen mit Wildtieren bei sich einschränken. In München etwa dürften sie nur auf die Theresienwiese, in Stuttgart nur auf den Cannstatter Wasen. Doch Jägers Tipps an die Kommunen schmeckten dem Zirkus Charles Knie um den in Stuttgart geborenen Direktor Sascha Melnjak gar nicht.
Durch die Hintertür versuche Jäger einzuführen, was politisch gescheitert sei, beklagt Pressesprecher Sascha Grodotzki. «Sollte Frau Dr. Jäger mit Ihrer Empfehlung an die Gemeinden Erfolg haben, wird den Zirkusbetreibern das notwendige Fundament genommen, um überhaupt das Tierfutter finanzieren zu können.»
Als Resultat seien Zirkusbetreiber gezwungen, die Tiere abzugeben. Doch in den Zoos würden Zirkustiere leiden, weil Menschennähe und Beschäftigung fehlten. Und in der Wildnis könnten sie nicht überleben. Das Resultat für die Tiere wäre vermutlich ein Einschläfern, so die These.
Das hält Jäger für überzogen. Sie wisse allein von 14 Plätzen, wo Elefanten unterkommen könnten. Rund 50 gebe es in deutschen Zirkussen. Zudem sei nicht davon auszugehen, dass gleich alle Kommunen auf den Zug aufspringen und Wildtiere bei sich verbieten. Rund 90 Tiere tummeln sich bei Charles Knie auf dem Asphaltplatz, auch Zebras, Antilopen, Kängurus, Trampeltiere, Lamas und Seelöwen.
Sie sehen gepflegt aus. In der Manege laufen viele nur Runden. Die Elefanten gehen allerdings auch auf die Hinterbeine, während Frauen auf ihren Rücken reiten. «Die Zuschauer lieben es», sagt der Sprecher. Ohne die Tiere könnten sie dichtmachen. Die Vierbeiner seien zum Teil seit Generationen an Menschen und Transporte gewöhnt. «Vielleicht ist das nicht arttypisch, aber auch keine Tierquälerei. Es ist doch die Frage, ob es den Tieren deswegen schlecht geht.»
Die Gehege auf dem Asphaltplatz in Reutlingen wirken klein. Aber sie würden den Vorschriften entsprechen, betont Grodotzki. An jedem Ort werde vom Veterinäramt geprüft, ob die Tiere ordnungsgemäß gehalten werden. Die Vorschriften in Deutschland seien so streng wie in keinem anderen europäischen Land, sagt er. Die Tierschutzorganisation Peta sieht Deutschland dagegen eher als Schlusslicht: 16 andere europäischen Länder hätten bereits Verbote bestimmter Wildtierarten in Zirkussen verabschiedet.
Die Bewegungsarmut der Tierarten, die in freier Wildbahn weite Strecken zurücklegen, ist Tierschützern ein besonderer Dorn im Auge. Viele Elefanten würden über Nacht angekettet, damit sie nicht ausbrechen könnten, beklagt Peta-Wildtierexperte Peter Höffken. Ein weiteres Problem sei die Dressur, die nach Überzeugung des Zoologen nicht ohne Gewalt funktionieren kann. Mit heimlichen Filmaufnahmen dokumentiert Peta zum Teil grausige Szenen.
Grodotzki dagegen spricht von «einigen schwarzen Schafen», unter denen die ganze Branche zu leiden habe. Gewalt könnten sie sich gar nicht erlauben, weil es sie die Zulassung kosten könne. Vielmehr sitze ihr Tiertrainer zum Teil stundenlang vor neuen Tieren und studiere ihr Verhalten, um Ansätze für die Dressur zu finden - über Vorbild und Belohnung.
Jäger sagt: «Man muss sich immer klarmachen: Das sind Wildtiere. Als Trainer ist man auf jeden Fall höchst manipulativ.» Die meisten seien noch nicht lange beim Zirkus. Selbst nach zehn Generationen könne man bei Elefanten keineswegs von Domestikation sprechen. Sie seien dann noch lange keine Haustiere. Sie wünsche sich eine klare bundesweite Regelung.