Mangel an Informationen über Bedingungen, unter denen die Tiere in den einzelnen Mitgliedstaaten gehalten, transportiert und geschlachtet werden. (c) proplanta
Zwar hätten die geltenden Regelungen Fortschritte beim Tierschutz in der Landwirtschaft gebracht, heißt es in einer am Montag (5.6.) vorgelegten Stellungnahme zum „Fitness-Check“ der EU-Tierschutzgesetzgebung. Allerdings beeinträchtigten die Unterschiede in der Anwendung und der Durchsetzung in den Mitgliedsländern nach wie vor den gemeinsamen Binnenmarkt und das Erreichen eines vergleichbaren Tierschutzniveaus in der EU.
Die beiden Wissenschaftlerinnen haben festgestellt, dass es unter anderem an Informationen über die Bedingungen mangelt, unter denen die Tiere in den einzelnen Mitgliedstaaten gehalten, transportiert und geschlachtet werden. Außerdem legten die bestehenden Vorschriften den Fokus auf Ressourcen, wie zum Beispiel das Platzangebot und Management-Maßnahmen. Das Wohlbefinden der Tiere werde noch zu wenig an den Tieren selbst erfasst.
„Selbst wenn die bestehenden EU-Vorschriften vollständig umgesetzt wären, könnten sie wohl nur gewährleisten, dass gewisse Grundvoraussetzungen für Tierwohl erfüllt sind. Das Tierwohl wird nicht ausreichend am Zustand der Tiere ermittelt“, stellen Wieck und Dusel in der Stellungnahme klar. Bekanntlich plant die Brüsseler Kommission, im Spätherbst unter anderem zur Tiertransport- und zur sogenannten Tötungsverordnung Novellierungsvorschläge vorzulegen. Auch für die Haltung von Milchkühen, für die bisher keine EU-weite Tierschutzregelung existiert, werden konkrete Vorgaben erwartet.
Tierschutzstandards nicht allein über Markt regeln
Um trotzdem Informationen zum Tierwohl für den Fitness-Check bereitzustellen, wurden laut Dusel Vorteile und Risiken unterschiedlicher Haltungssysteme aus der wissenschaftlichen Literatur abgeleitet und Expertenwissen herangezogen. „Dadurch konnten die Auswirkungen der EU-Vorschriften auf Tiere, Betriebe und andere Interessengruppen grob abgeschätzt werden“, so die Hohenheimer Doktorandin. Beide Wissenschaftlerinnen bekräftigen die vorherrschende Einschätzung, dass eine flächendeckende Umstellung der Landwirtschaft auf substantiell höhere Tierschutzstandards allein über den Markt nicht funktioniert.
Dies unterstreiche den Bedarf an öffentlichen Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls. Ein entscheidender Punkt hierbei sei die Schaffung finanzieller Anreize. Laut Wieck fehlt es derzeit auf EU-Ebene jedoch an einer umfassenden Finanzierungsstrategie, die Agrar-, Handels- und Ernährungspolitik verknüpft, Zahlungen systematisch an Fortschritte beim Tierwohl koppelt und dadurch gezielt eine finanzielle Unterstützung für den Übergang zu höheren Tierschutzstandards sicherstellt.