Die Heringsfischer in der Ostsee müssen für 2020 auf eine neue Strategie setzen. Die geringen Fangquoten lassen nur noch eine regionale Vermarktung zu. (c) proplanta
«Bisher haben wir beim Hering auf eine kurze, konzentrierte Saison gesetzt», sagte der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes der Kutter- und Küstenfischer Mecklenburg-Vorpommerns, Michael Schütt. «Jetzt werden wir die Saison so weit strecken wie möglich, von Januar bis Mai.»
Die EU-Fischereiminister haben die Quoten zum Schutz der Bestände beim Hering in der westlichen Ostsee im Vergleich zu 2019 um 65 und beim Dorsch um 60 Prozent reduziert. Die Fischer in ganz Mecklenburg-Vorpommern dürfen damit nur noch 1.000 Tonnen Hering und 260 Tonnen Dorsch fangen.
2019 waren es noch knapp 3.000 Tonnen Hering - Mecklenburg-Vorpommern hatte den größten Teil der deutschen Heringsquote von 4.900 Tonnen abbekommen. Vor 20 Jahren lag die erlaubte Fangmenge für Deutschland mit 97.500 Tonnen allerdings fast 20 Mal so hoch.
Viele Fischer sind ihrem Verbands-Vize zufolge nur dank ihrer Frauen und der Stilllegungsprämien über die Runden gekommen. Sie erhalten einen Ausgleich dafür, dass sie an einer bestimmten Anzahl von Tagen keinen Hering und keinen Dorsch fischen.
Mit den geringen Fangmengen brechen den Fischern traditionelle Kunden weg, die große Mengen auf einmal brauchen, erklärte Schütt. Er ist Geschäftsführer der größten Fischereigenossenschaft des Landes in Freest (Vorpommern-Greifswald) sowie der Erzeugerorganisation Usedomfisch. So werde seit mehr als 45 Jahren Hering aus dem Greifswalder Bodden an Verarbeiter in Dänemark verkauft, die Heringe mit reifem Rogen bevorzugen. Der gelte gesalzen in Japan als Delikatesse.
Folglich ging bisher die Heringssaison erst im März richtig los. Nun würden die Fischer früher beginnen, wenn es das Wetter erlaube, und regelmäßig kleine Mengen anlanden. «Wir müssen versuchen, möglichst viel Fisch regional zu verkaufen.» Der Nachteil: «Wir verfahren mehr Diesel», sagte Schütt.
Die Fischer würden die Heringe selbst aus den Netzen pellen, statt Helfer einzustellen und mehr Fisch als bisher von Bord verkaufen. Der einzige Vorteil, den Schütt erkennen kann: «Der Ostseehering ist fangfrisch. Nur damit können wir punkten.» Ansonsten sei Ostseehering ein Nischenprodukt. Er sei kleiner und weniger fettig als Nordseehering. Die Fischer räuchern ihn oder frieren ihn küchenfertig für die Gastronomie ein.
Einige Kutter- und Küstenfischer hoffen jetzt auf ein Abwrackprogramm, wie Schütt sagte. Vor allem Fischer mit großen Schleppnetzkuttern würden wohl davon Gebrauch machen. Die Bundesregierung hat für das Jahr 2020 Hilfen für die Ostseefischerei in Höhe von vier Millionen Euro zur Überwindung der Strukturkrise angekündigt.