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01.03.2013 | 14:11 | Futtermittelsicherheit 

Futtermittel mit krebserregendem Schimmelpilz verseucht

Hannover/Berlin - 10.000 Tonnen vergifteter Mais werden zu Tierfutter verarbeitet und landen auf den Bauernhöfen. Allein in Niedersachsen sind mehr als 3.500 Betriebe beliefert worden. Nach Pferde- statt Rindfleisch und Mogel-Eiern nun möglicherweise Gift in der Milch.

Futtermittel Schimmelpilz
(c) proplanta
In Niedersachsen sind tausende Tonnen giftiger Mais zu Tierfutter verarbeitet und deutschlandweit ausgeliefert worden. Der aus Serbien importierte Mais ist mit dem krebserregenden Schimmelpilzgift Aflatoxin B1 belastet. Fressen Kühe das giftige Futter, reichert sich der Stoff in der Milch an. Eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher sei nach derzeitigem Kenntnisstand allerdings unwahrscheinlich, teilte das niedersächsische Landwirtschaftsministerium am Freitag mit.

Unklar blieb zunächst der genaue zeitliche Ablauf, wie das Futtermittel in die Betriebe kam. Flächendeckenden Handlungsbedarf habe es erst vor wenigen Tagen gegeben, versicherte die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums, Natascha Manski, am späten Abend der Deutschen Presse-Agentur dpa in Hannover.

Demnach habe die nötige Recherche nach dem Alarm eines Milchbauern aus dem Kreis Leer vom 5. Februar noch gut 14 Tage gedauert, bis eine Schiffsladung aus Brake an der Unterweser als Gefahrenquelle festgestanden habe. Am 22. Februar hätten dann die Ergebnisse der amtlichen Tests vorgelegen, die eine Belastung der Sendung aus Serbien mit Aflatoxinen über der Höchstmenge belegten. Dann seien abnehmende Futtermittelhersteller in die Pflicht genommen worden, Ende Februar standen die Höfe fest.

Den ersten Hinweis auf den möglichen neuen Lebensmittelskandal gab es bei einer Routinekontrolle im ostfriesischen Leer. Dort war der Grenzwert von 50 Nanogramm Aflatoxin pro Kilogramm Milch leicht überschritten. Die Behörden recherchierten und ermittelten eine Schiffsladung von 45.000 Tonnen Mais aus Serbien als Ursprung der Belastung. Sie waren dem Hamburger Agrarhandelskonzern Alfred C. Toepfer International an den niedersächsischen Hafen Brake geliefert worden. Davon gelangten 10.000 Tonnen Mais in Umlauf, die von 13 niedersächsischen Herstellern zu Mischfutter verarbeitet wurden. Nach Informationen von «Spiegel»-Online traf der vergiftete Mais bereits am 27. November in Brake ein.

Beliefert wurden Ende vergangenen Jahres nach Ministeriumsangaben 3.560 Bauernhöfe in Niedersachsen, vor allem im Nordwesten. In geringen Mengen sind auch andere Bundesländer betroffen. Insgesamt geht es um knapp 14.000 Lieferungen bis zum 25. Februar.

Ins Visier der Kontrolleure kommen jetzt vor allem die 938 belieferten Milchbetriebe, die gesperrt wurden. Nach einem Bericht der «taz» sind keine Bio-Betriebe betroffen.

Weitere Untersuchungen der Länderbehörden sollen Klarheit über das Ausmaß der Belastungen bringen. Informationen über betroffene Betriebe, Mengen und Untersuchungsergebnisse sollen im Lagezentrum des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zusammenlaufen. Das teilte das Bundesverbraucherministerium nach einer Telefonschaltkonferenz mit den Ländern mit, die für die Kontrollen zuständig sind.

«Aflatoxine sind besonders gefährlich in der Milch. Sie setzen sich nicht in Fleisch ab, nicht in Eiern», sagte Landwirtschafts-Staatssekretär Udo Paschedag. Seit Freitag wird nun die Milch in allen mit belastetem Futter belieferten Betrieben kontrolliert. Sollte der Höchstwert überschritten werden, bleibt die Sperre bestehen, und die Betriebe müssen auf anderes Futter umstellen. Nach einer Woche geben die Tiere nach wissenschaftlichen Erkenntnissen keine bedenklich hochbelastete Milch mehr.

Eine Gefahr für Verbraucher sei unwahrscheinlich, da sich die Milch von verschiedenen Höfen vermischt, wenn die Molkereien sie abholen, erklärte die Leiterin der Verbraucherschutzabteilung im Ministerium, Heidemarie Helmsmüller. Zudem kontrollieren die Molkereien einmal im Monat den Aflatoxingehalt der Milch in ihren Stapeltanks.

Bei Kontrollen auf Aflatoxin ist nach Angaben des Bauernverbandes Landvolk bislang nur eine Probe mit zu hohen Schadstoffwerten aufgefallen. Die Ware sei nicht in Verkehr gebracht worden. Alle anderen Kontrollen auf Aflatoxin in der Milch seien dagegen ohne Beanstandung gewesen.

Für den neuen niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) ist es nach Pferde- statt Rindfleisch und Mogel-Eiern bereits die dritte Lebensmittel-Affäre kurz nach Amtsantritt. Die Spitze des Agrarministeriums war erst am Donnerstagnachmittag von der Fachabteilung im eigenen Haus informiert worden, weil die Experten im Ministerium die Situation vorher noch nicht abschließend bewertet hatten.

Warum die Belastung des Futtermaises bei Eigenkontrollen der Industrie nicht auffiel, ist noch unklar. Von kriminellen Machenschaften geht der Staatssekretär derzeit nicht aus. Er sieht das Problem eher beim Preisdruck in der Milchbranche.

Beim größten deutschen Molkereiunternehmen, dem DMK Deutschen Milchkontor, sind bislang keine schimmelpilzbelasteten Produkte aufgefallen. Das Unternehmen teilte am Freitag in Bremen mit, dass die Rohmilch routinemäßig auch auf das Schimmelpilzgift Aflatoxin hin untersucht werde.

Was mit dem Futter weiter geschehe, stehe noch nicht fest, sagte eine Sprecherin des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) in Oldenburg. Eine Möglichkeit sei, es zu verbrennen, das stehe aber noch nicht fest.
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