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25.08.2012 | 06:35 | Aquakultur 

Meeresfische aus dem Saarland

Völklingen - Die Halle ist groß wie ein Fußballstadion. Ein grauer Klotz, 7.000 Quadratmeter, nicht ein einziges Fenster.

Meer
(c) proplanta
Licht fällt auf die vier großen, leeren Wasserbecken im Inneren nur aus dürren Röhrenlampen. Vor ein paar Jahren stand hier im saarländischen Völklingen noch die alte Kokerei.

Aber der Bergbau an der Saar ist jetzt Geschichte. Neue Wirtschaftsideen sollen her - wie etwa Meeresfische aus dem Saarland. Bereits 2009 startete der Bau der Halle, einer riesigen Zuchtanlage.

Laut Betriebsleiter Bert Wecker kommen schon heute rund 50 Prozent des weltweit verzehrten Fischs aus Aquakultur-Anlagen.

«Wir wollen doch alle gar keine Nahrung mehr aus dem Meer haben, wo wir nicht wissen, ob sie verstrahlt oder verseucht ist», sagt Aquakultur- Forscher Uwe Waller. Er experimentiert im Forschungsraum neben der Zuchthallen-Baustelle, wie schnell man die Fische auf Elterntiergröße aufziehen kann, um sie zum Laichen zu bringen.

Ziel sei es, einen Beitrag zur Versorgung der Weltbevölkerung mit Fisch zu leisten. «Der Kingfisch aus Chile etwa ist kaum noch verfügbar. Also nimmt man einen Teil des kleinen Bestandes und vermehrt ihn durch Züchtung», sagt Meeresbiologe Waller.

Das künstliche Licht ersetzt die Sonne, damit im Wasser keine Algen wachsen. Das Salzwasser ist hergestellt: Leitungswasser versetzt mit 3,5 Prozent künstlichem Seesalz - «naturidentisch», sagt Waller. In der kühlen Zuchthalle liegt ein Becken neben dem anderen, 30 mal 30 Meter, knapp 1,90 Meter tief.

Hier sollen Doraden, Störe, Wolfsbarsche und Kingfisch wachsen. Fischarten, die eigentlich Hunderte von Kilometern weit entfernt zu Hause sind. Hauptinvestor ist die Meeresfischzucht Völklingen GmbH, eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke Völklingen. 500 Tonnen Fisch werden laut Plan zunächst im Jahr produziert.

Die Organisation Friends of the Sea kämpft gegen die Überfischung der Meere und setzt sich zugleich für eine geringe Umweltbelastung durch Fischzucht ein. Billo Heinzpeter Studer ist Mitglied des Beirats. Die Anlage in Völklingen hat er selbst besichtigt. Dass Aquakulturanlagen Überfischung verhindern können, bezweifelt er.

«Im Gegenteil: An die Zuchtfische muss etwa viermal so viel Fisch verfüttert werden, wie sie selbst auf den Teller bringen», sagt Studer. Und: Die Fischarten, die auf dem westlichen Markt nachgefragt würden, ernährten sich im Meer von anderen Fischen. Diese Nahrungskette müsse in der Fischzucht künstlich hergestellt werden.

«Der Vorteil der Zucht ist, dass die Verfügbarkeit der Fische der Nachfrage angepasst werden kann», sagt Studer. Doraden gebe es dann wie Tomaten rund ums Jahr statt nur saisonal.

Mit der Investition wollen die Völklinger Stadtwerke Vorreiter in einem Zukunftssektor werden - und sich selbst eine Energienachfrage schaffen. Fünf Millionen Kilowattstunden Strom wird die Anlage im Jahr verbrauchen, so viel wie 1.000 Haushalte.

5,4 Millionen Euro Eigenkapital haben die Stadtwerke eingebracht und mehr als zehn Millionen Euro Kredit aufgenommen. Deren Geschäftsführer Jochen Dahm sagt, die Kosten seien «kaum über den ursprünglich geplanten Bereich» gestiegen. Dabei war 2008 noch von 12 Millionen die Rede, inzwischen sind es über 20 Millionen Euro.

Trotzdem hat Dahm noch größere Pläne. Es solle nicht bei der einen Halle mit vier Becken bleiben. «Auf dem Gelände ist Platz für zehn Hallen», sagt er. Deshalb sucht er noch einen privaten Investor.

Spekulationen um die Zukunft der Anlage waren aufgekommen, als der Vertriebspartner, die Hamburger Firma Alaska-Fisch, Insolvenz angemeldet hatte. Auch der ursprüngliche Partner IFFT (International Fish Farming Technology) ist inzwischen insolvent.

Die Technologie der Anlage ist laut Dahm weltweit einzigartig. Dadurch werde das Wasser aufwendig gefiltert, Fischkot sofort entfernt. Durch den Wasserkreislauf entstünden statt Abwasser konzentrierte Nährstoffe, die weiter genutzt werden könnten.

Die dazu benötigte Energie werde die Anlage aus einer Biogasanlage beziehen, in der die salzigen Abfälle verwertet werden. Die Anlage sei die «größte geschlossene Aquakultur-Kreislaufanlage der Welt», sagt Dahm. Er glaubt, dass die Anlage im September fertig wird.

Die ersten Fische könnten Ende nächsten Jahres auf den Teller kommen. Der Meeresfisch solle dann auch vor Ort verkauft werden - im Binnenland Saarland. (dpa)
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