Das habe die Genprobe eines in Ulrichstein im Vogelsberg gerissenen Rehes ergeben, berichtete Hessens Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Dienstag laut Mitteilung in Wiesbaden. Da sich das Weibchen nun mindestens seit einem halben Jahr in der Region aufhält, gilt es als sesshaft geworden.
Die Wölfin wurde erstmalig vor einem Jahr in der Nähe von Bad Hersfeld per Gennachweis an einem Reh registriert. Anschließend sei sie in den Vogelsberg weitergezogen. In der Gegend von Ulrichstein wurde das Tier dann wiederholt genetisch nachgewiesen, berichteten das Hessische Landesamt für
Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) und das Hessische Umweltministerium.
Einen Wolf mit eigenem Territorium gab es seit der Ausrottung im 19. Jahrhundert zuletzt im nordhessischen Reinhardswald von 2008 bis 2011. Dann wurde der Rüde tot gefunden. Sollte die nun als sesshaft registrierte Ulrichsteiner Wölfin in diesem Gebiet bleiben und ein männliches Tier zuwandern, könnte sich erstmals ein Rudel etablieren.
HLNUG-Präsident Thomas Schmid sagte: «Für den
Artenschutz in Hessen ist die Beobachtung eines sesshaften Wolfes eine gute Nachricht. Viele Nachbarländer haben in den letzten Jahren ähnliche Erfahrungen gemacht, daher war diese Entwicklung absehbar.» Bisher seien im hessischen Wolfsmonitoring nur einzelne Tiere auf Wanderschaft registriert worden.
Wolfsnachweise erfolgen zum Beispiel durch genetische Untersuchungen, etwa an gerissenen Tieren oder anhand von Wolfskot. Oder Fachleute identifizieren sie anhand von Fotos zweifelsfrei. Die «Ulrichsteiner Wölfin» trägt beim HLNUG die Kennung GW 1166f. Sie setzt sich zusammen aus der Zuordnung «GW» für Grauwolf, «1166» lautet die Labornummer und «f» steht für weiblich.
Hinz räumte ein: Vielen Bürgern vor Ort sowie den Weidetierhaltern bereite die Rückkehr des Wolfs Sorgen. «Ich nehme die Befürchtungen sehr ernst und setze mich für Rahmenbedingungen ein, die den Umgang mit dem Wolf für alle tragbar machen.» Dazu gehörten der Wolfsmanagementplan des Landes, die größtmögliche Aufklärung der Bevölkerung sowie die Unterstützung der Weidetierhalter insbesondere der Schaf- und Ziegenhalter. Sie bekommen höhere Herdenschutzprämien.
Weidetierhalter stünden durch die Rückkehr des Wolfes vor zusätzlichen wirtschaftlichen Herausforderungen und einer großen emotionalen Belastung. «Wir wollen sie so gut wie möglich unterstützen, denn ihre Leistungen für die
Landschaftspflege sind unentbehrlich», betonte Hinz.
«Bei Wölfen, die sich Menschen gegenüber auffällig verhalten oder die wiederholt empfohlene Herdenschutzmaßnahmen überwinden, sodass Gefahr besteht, dass sie ernste wirtschaftliche Schäden anrichten, dürfen erschossen werden.»
Zum
Herdenschutz nach guter fachlicher Praxis gehören tägliche Zaunkontrollen und die Einzäunung mit einem Elektrozaun von mindestens 90 Zentimeter. Schäfer in Hessen kritisierten aber immer wieder, dass dieser Schutz nicht reiche.
Es gebe immer wieder Fälle, bei denen Wölfe die Zäune übersprungen hätten. Das Ministerium erklärte aber: Sollte es trotz Herdenschutz zu einem Schaden durch einen Wolf kommen, erhalten die betroffenen Weidetierhalter unbürokratisch Entschädigung.
Bisher gibt es in Hessen nur wenige einzelne Wölfe. Sie ernähren sich überwiegend von Schalenwild, Angriffe auf Tierhaltungen seien die Ausnahme, beurteilte das Ministerium. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des HLNUG zwölf Angriffe von Wölfen registriert, bei denen 27 Schafe getötet und sechs verletzt wurden. Dazu kamen zwei Kälber.
Die Wölfe kommen in der Regel aus dem Norden und Osten Deutschlands nach Hessen. Die Bundesländer mit den größten Vorkommen sind Brandenburg und Sachsen. Aber auch aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wandern die Tiere in die Mitte Deutschlands ein. Derzeit gibt es etwa 110 Wolfsrudel in Deutschland mit einigen Hundert Tieren.