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01.08.2010 | 22:15 | Umweltproblem  

Abfallberge wachsen in Kairo in den Himmel

Kairo - «Mutter der Welt» nennen die Ägypter ihre Hauptstadt Kairo zärtlich.

Abfallberge wachsen in Kairo in den Himmel
Doch die Liebe der Einwohner zu ihrer Stadt wird getrübt: Denn die Verwaltung der Metropole bekommt das Müll-Problem nicht mehr in den Griff. Auch in den Vierteln der Reichen und Ausländer türmt sich inzwischen der Abfall am Straßenrand. Tierknochen liegen zwischen Plastikflaschen, Kartoffelschalen und toten Katzen.

Ein Grund für die Müll-Krise ist der Konflikt zwischen den vor einigen Jahren angeheuerten großen Entsorgungsunternehmen und den Familien der Müllsammler, die seit Jahrzehnten von der Müllabfuhr und dem Recycling der Wertstoffe leben. Zugespitzt hat sich die Lage im vergangenen Jahr, als die Regierung auf dem Höhepunkt der Schweinegrippe-Hysterie befahl, die Schweine der Müllsammler zu töten, die bisher einen Großteil der organischen Abfälle gefressen hatten.

Dass Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO diese Maßnahme damals als völlig untauglich zur Bekämpfung der Schweinegrippe einstuften, störte die Regierung in Kairo nicht. Denn der ist das unweit der Innenstadt gelegene Viertel der Müllsammler, wo Erwachsene und Kinder in Wohnhäusern Abfall sortieren und recyceln, schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Angeblich gibt es sogar bereits Pläne, die «Müllmenschen» umzusiedeln.

Außerdem erntete die Regierung für ihre Entscheidung, die mehr als 150.000 Schweine der christlichen Müllsammler keulen zu lassen, Lob von konservativen Muslimen. Denn das Schwein gilt im Islam als «unreines» Tier.

Die Müllsammler hatten erst versucht, sich gegen den Beschluss der Regierung zu wehren. Doch weil sie keine Lobby haben, verhallten ihre Proteste ungehört. Einige Familien versuchten, die Schweine durch Ziegen zu ersetzen. Doch Ziegen fressen weniger und sind bei der Auswahl ihrer Kost auch viel wählerischer, so dass immer noch viel Abfall übrigblieb.

Schließlich gingen die Müllsammler dazu über, den Abfall direkt neben den Häusern der Menschen zu sortieren, die ihn produziert haben. Plastik, Glas, Papier und andere Wertstoffe nehmen sie noch mit, den organischen Müll aber lassen sie liegen. Mit dem Ergebnis, dass es auf den Straßen, vor den Hauseingängen und auf den «Dienstboten»-Treppen der herrschaftlichen Häuser aus der Kolonialzeit nun ziemlich schmutzig ist. Lediglich dort, wo die Bewohner zusätzlich zu dem von der Behörde mit der Stromrechnung erhobenen Müllgebühren noch ein Bakschisch für den Müllsammler zahlen, sieht es etwas besser aus.

Umweltminister Magid George denkt zwar inzwischen über den Bau von Biogas-Anlagen für Haushalts- und Agrarabfälle nach, doch praktische Maßnahmen in diese Richtung wurden von der Behörde bisher noch nicht ergriffen. In einigen Bezirken haben frustrierte Anwohner deshalb Protestaktionen und «Nachbarschafts-Putztage» organisiert.

In Zamalek, einem Viertel, in dem viele wohlhabende Ägypter und Ausländer wohnen, wurde im vergangenen Juni eine Stadtteil-Initiative gegründet, die auf freiwillige Mülltrennung setzt. «Sie sagen den Besitzern der Wohnungen, Geschäfte und Restaurants, dass sie ihren Abfall in zwei Beuteln vor die Tür legen sollen: Ein Beutel für organische Abfälle und ein Beutel für den Rest», erklärt die Abfall-Expertin Laila Iskander. «Dann können die Müllsammler den Sack mit den für sie interessanten Materialien mitnehmen und den zweiten Sack in die Lastwagen der Müllabfuhr werfen.» (dpa)
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