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Flutkatastrophe in Bulgarien, bei der acht Menschen ertranken, ist nach Auffassung von Experten großenteils selbstgemacht. Verantwortlich für die Tragödie seien die fahrlässigen Behörden, sagte der Hydro-Ingenieur Dimitar Kissljakow im privaten Fernsehsender bTV am Mittwoch in Sofia. Bei strömendem Regen waren am Montag im Süden des Balkanlandes viele Stauseen und Flüsse übergelaufen. Allein in dem Dorf Bisser, das übersetzt «Perle» heißt, ertranken vier ältere Männer.
Doch die Menschen in dem Dorf wussten seit sechs Jahren, dass der Damm des übergelaufenen Stausees Iwanowo Risse hat. Vergeblich hätten sie nach eigener Darstellung versucht, die Behörden dazu zu bewegen, den Damm zu festigen. Doch die schoben sich die Verantwortung gegenseitig zu. Der renommierte Soziologe Andrej Rajtschew verglich den Fall Bisser mit «dem, was da auf dem versunkenen Schiff («Costa Concordia») geschah».
2007 hatte es eine ähnliche Tragödie mit acht Ertrunkenen gegeben - damals war in dem Städtchen Zar Kalojan ein Fluss über die schlecht abgesicherten Ufer getreten. Beide Fälle werfen Licht auf die Zustände in dem neuen EU-Land. So wusste nach der jüngsten Katastrophe keine Behörde, wem die gut 3.000 Stauseen im Land gehören und wer sie gerade betreibt. Viele von ihnen sind in private Hände übergegangen und werden für die Fischzucht genutzt. Die unzureichende Instandhaltung vieler Stauseen gefährde nach einem Bericht der Zeitung «24 Tschassa» das Leben von mehr als einer Million Menschen.
Zudem gab es sowohl 2007 als auch jetzt kein Frühwarnsystem. Die Bürgermeisterin von Bisser lief nach Berichten von Dorfbewohnern eine Minute vor der
Flutwelle durch die Straßen und rief den Menschen zu, ihre Häuser zu verlassen. Doch die Zeit reichte kaum - viele kletterten auf die Dächer und mussten mit Helikoptern gerettet werden. Eine verzweifelte Frau aus dem Dorf hatte bTV angerufen, um Hilfe zu fordern. Bilanz der Fahrlässigkeit sind Dutzende zerstörte Häuser und massenweise ertrunkenes Zuchtvieh. Ihre Häuser hatten die Dorfbewohner nicht versichert. (dpa)