Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (
SPD) wies am Mittwoch Forderungen von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) nach einem Festhalten an der Atomkraft zurück. Es sei «abenteuerlich», wenn Glos damit fehlendes Gas ersetzen wolle. Deutschland nutze die Atomkraft zur Stromerzeugung und nicht zum Betrieb von Heizungen oder gar Autos. Die richtige Antwort sei neben Energie-Einsparungen der massive Ausbau erneuerbarer Energien, sagte Gabriel. Der solle weltweit von der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien IRENA vorangebracht werden, die am kommenden Montag in Bonn gegründet werde.
Auch der neue amerikanische Präsident Barack
Obama habe das erkannt, sagte Gabriel. Nun gehe es darum, gemeinsam die weiter wachsende Zahl von nun 6,5 Milliarden Menschen auf der Welt bei knapper und teurer werdenden Rohstoffen mit ausreichend Energie zu versorgen. «Aber das Potenzial von Sonne, Erdwärme, Wind, Wasser und Bioenergie ist so groß, dass wird auch über 9 Milliarden Menschen auf der Erde mit Energie versorgen können.» Auf diese Zahl werde die Menschheit in den nächsten 50 Jahren allen Voraussagen zufolge wachsen.
Nach Beilegung des russisch-ukrainischen Gasstreits hatte Glos zur Verringerung der Importabhängigkeit seine Forderung nach einem Ausbau des Energiemixes bekräftigt, zu dem die Kohle und «selbstverständlich die Atomenergie» gehörten. «Ich weiß nicht, warum wir einen Sonderweg gehen sollten», sagte der CSU-Politiker auf einer «Handelsblatt»- Tagung. Auch RWE-Konzernchef Jürgen Großmann forderte dort einen breiten Energiemix einschließlich Atomenergie.
Gabriel warnte die Union davor, bei der Reform der Kfz-Steuer große Geländewagen «steuerlich massiv zu fördern». Zu befürchten sei, dass zur Finanzierung solcher Effekte auf der anderen Seite für spritsparende Autos mehr bezahlt werden müsste. Reden sollte man dagegen über den Vorschlag der schwarz-grünen Koalition in Hamburg, die Abwrackprämie um eine ökologische Komponente für Altautos zu ergänzen, um den Kohlendioxid-Ausstoß stärker zu verringern.
Die neue Agentur IRENA soll laut Gabriel die treibende Kraft für den Ausbau der Ökoenergie weltweit werden. Damit sollen die Chancen für eine Einigung der Staatengemeinschaft Ende 2009 in Kopenhagen auf ein Kyoto-Nachfolgeabkommen zum Stopp der schädlichen
Klimagase steigen. Von gut 100 Teilnehmer-Ländern der Gründungskonferenz an diesem Montag in Bonn wolle die Hälfte das IRENA-Statut zeichnen. Die Unterschriften weiterer Länder, die wie die USA, Japan und China noch keine Vorbereitungen hätten treffen können, kämen später hinzu.
Gastgeber sind neben Gabriel Außenminister Frank-Walter
Steinmeier und Entwicklungshilfe-Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (alle SPD). Im Juni solle über den Sitz der Agentur entschieden werden: Die Bundesregierung hat dafür Bonn vorgeschlagen. (dpa)