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04.08.2015 | 07:51 | Barack Obama im Alleingang 

Heiße Luft zum Klimaschutz aus den USA?

Washington - Und nun der Klimaschutz. Eine «lahme Ente» zu sein, sei eigentlich ganz schön, hat US-Präsident Barack Obama mehrfach scherzend erklärt. Aber er meint wohl wirklich, was er sagt.

Klimaschutz USA
Bisher hat sich Obama in Sachen Klimaschutz beim Kongress die Zähne ausgebissen. Jetzt will er im Alleingang die Emissionen der US-Kraftwerke regulieren und saubere Energien erzwingen. Aber ist das realistisch - oder am Ende nur heiße Luft? (c) proplanta
Stück für Stück arbeitet er in seiner zweiten Amtszeit die Liste seiner großen politischen Vorhaben ab, die er bisher nicht verwirklichen konnte, entweder, weil der Kongress ihm Knüppel zwischen die Beine warf oder schlicht, weil er wiedergewählt werden wollte. Jetzt ist er befreit - und hat sich eines der in den USA umstrittensten Themen vorgenommen: den Kampf gegen den Klimawandel.

Es sagt viel, dass Obama mit den jetzt beschlossenen Regeln zum Teil noch über die ohnehin schon stark umstrittenen Vorschläge hinausgeht, die er vor einem Jahr zur Diskussion vorgelegt hatte. Das gilt vor allem für die Vorschrift, dass die existierenden Kohlekraftwerke im Land den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 32 Prozent im Vergleich zu 2005 reduzieren müssen. Der Klimaschutz zählt neben der Gesundheitsreform zu den großen Zielen, die aus Obamas Grundüberzeugungen erwachsen sind. In beiden Fällen glaubt er fest daran, dass nicht Kleckern, sondern nur Klotzen hilft.

Dass er im Kampf gegen den Treibhauseffekt kaum Pflöcke einschlagen konnte, hat stark an ihm genagt, wie Berater in seiner Umgebung sagen. Es wog schwerer für ihn als jede andere der politischen Niederlagen, die er im Ringen mit dem Kongress mehr als einmal einstecken musste. Den Stellenwert, den das Thema für ihn hat, machte spätestens sein Sprecher Josh Earnest am Montag klar, als er in einem CNN-Interview im Zusammenhang mit den neuen Umweltschutz-Regeln Obamas Wahlkampfslogan von 2008 wiederbelebte. «Change we can believe in - Wandel, an den wir glauben können.

Das heißt natürlich nicht, dass Obama nur von hehren Prinzipien geleitet wurde. Wie etwa die «New York Times» herausstellte, ist er auch ganz bewusst dabei, sein politisches Vermächtnis zu formen. Konservative Kritiker warfen ihm vor, dass er ein mehr als schlapper Weltführer sei; nun will sich der Demokrat beim Kampf gegen den Klimawandel als globaler Schrittmacher präsentieren - rechtzeitig vor der geplanten Klimakonferenz in Paris. Das sind gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.

Zweifellos dürfte ihm der provozierende Schritt am Kongress vorbei, per Anordnung, leichter gefallen sein, weil er längst aus dem Weißen Haus ausgezogen sein wird, wenn der Zeitpunkt der Umsetzung gekommen ist. Wenn dieser überhaupt jemals erreicht wird: Schon bevor die Endversion der Regulierungen am Montag offiziell verkündet war, formierte sich massiver Widerstand. Von der Kohleindustrie über republikanisch regierte Bundesstaaten bis hin zu Konservativen im Kongress: Es zeichnet sich ein mächtiges Anti-Bündnis ab, das die US-Gerichte über eine lange Zeit hinweg beschäftigen wird.

So hat etwa die National Mining Association - die Vereinigung der Kohleförderer - angekündigt, dass sie bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragen wird, um den Plan auf Eis legen zu lassen. Schätzungsweise bis zu 30 Bundesstaaten - darunter das stark von der Kohleindustrie abhängige West Virginia - könnten alle Register ziehen, um eine Umsetzung der Regeln zu blockieren. Dabei geht es nicht nur um handfeste wirtschaftliche Aspekte: Für viele Staaten ist es schlicht ein rotes Tuch, wenn die Bundesregierung in Washington ihnen etwas diktiert.

Und sollte ein Republikaner 2016 ins Weiße Haus einziehen, dürften die Karten ohnehin neu gemischt werden. Dazu muss der nächste Präsident nicht zu jenen Konservativen zählen, die nach wie vor glauben, dass der Klimawandel eine Erfindung ist. Auch moderatere Bewerber laufen Sturm gegen Obamas Klimaschutz-Programm. «Ich halte es für ein Desaster. Es ist verfassungswidrig», sagte etwa Jeb Bush.

Also Hürden in Hülle und Fülle. Heißt dies, dass der Plan im Endeffekt nur heiße Luft ist - kühn und ehrgeizig, mehr auf die innere Erfüllung Obamas und das Image gemünzt als auf Realismus gestützt? Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Wie immer die Gerichte entscheiden werden, kann der Demokrat davon ausgehen, dass der Klimaschutz nun zu einem Wahlkampfthema wird, zumal Obamas potenzielle Nachfolgerin Hillary Clinton voll hinter dem Programm steht: «Es ist ein guter Plan. Als Präsidentin werde ich ihn verteidigen.»

Das bedeutet zumindest Diskussion über ein Thema, das viele Republikaner am liebsten totschweigen würden - und damit einen gewissen Druck für ernsthafte Bewerber,  zumindest einen Mittelweg zu suchen. Und treten die USA in Paris als Weltmeister im Klimaschutz auf, hätte es jeder künftige Präsident schwerer, die Uhren wieder ganz zurückzustellen. So oder so kann Obama nur gewinnen -  und sei es am Ende auch nur durch die eigene Zufriedenheit, dass er sich selber treugeblieben ist. (dpa)
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