Nicht jeder machte in seinem Taucheranzug eine so gute Figur wie der schneidige maledivische Präsident Mohamed Nasheed (42). Aber die weltweite Aufmerksamkeit war den Politikern sicher. Das Kabinett der Malediven tagte Mitte Oktober unter Wasser und unterzeichnete einen Appell an die Welt, die
Treibhausgase zu reduzieren. Der
Klimawandel bedroht das Insel-Paradies. Wenn der
Meeresspiegel weiter steigt, sind die 1200 Inseln in 100 Jahren weg.
Der Präsident ist mit solchen Stunt-Einlagen der Darling der Klima-Aktivisten, doch seine Botschaft ist bitterernst. Auch in der Karibik und besonders im Pazifischen Ozean wird es für tausende Menschen langsam brenzlich: Auf den Salomonen-Inseln brechen die Küsten weg, auf Tuvalu zittern die Einwohner bei jeder Flut und von den Carteret-Inseln vor Papua-Neuguinea mussten die ersten der 2.700 Bewohner nach jahrelangem Kampf gegen die immer schlimmeren
Überschwemmungen ihre Heimat für immer verlassen.
«Wir sind sauer», sagte Ursula Rakova, die dort die Organisation Tulele Peisa gegründet hat, um den Klimaflüchtlingen zu helfen. «Manche verstehen zwar die Wissenschaft nicht, aber sie wissen, dass sie ihre Heimat verlieren und sind sauer, dass sie dafür zahlen müssen, was Menschen in Industrieländern angerichtet haben», sagte sie vor kurzem in Melbourne. «Unsere Kultur steht auf dem Spiel.» Der
Weltklimarat warnt vor einem Anstieg des Meeresspiegels bis zum Jahr 2100 um bis zu 59 Zentimeter. Andere Klimaexperten fürchten sogar mehr als das Doppelte. Für Inseln wie die Malediven wäre das das Ende. Viele der rund 200 bewohnten Koralleninseln würden verschwinden. Nasheed sucht deshalb schon nach einer neuen Bleibe für seine 385.000 Landsleute.
Schutzmaßnahmen gegen die Küsten-Erosion will er mit einer Touristensteuer finanzieren: drei Dollar (zwei Euro) pro Kopf am Tag. An den Stränden unter Palmen machen jedes Jahr eine Dreiviertelmillion Besucher Urlaub. Der Tourismus ist eine der Haupteinahmequellen. Die Malediven wollen selbst in zehn Jahren CO2- neutral werden. «Uns läuft die Zeit davon», warnte dieses Jahr auch auf den Salomonen der Abgeordnete Manasseh Maelanga. «Die Ministerien müssen mit der Umsiedlung beginnen, zumindest von den besonders niedrig gelegenen Atollen», forderte er. Die Inseln haben eine halbe Million Einwohner. Von Tuvalu mit einer Maximalhöhe von vier Metern flüchten auch schon einige der 12.000 Einwohner. In Auckland in Neuseeland wächst schon jetzt eine Exil-Gemeinde der Inselbewohner.
Wer bislang keine neue Heimat gefunden hat, kann vielleicht in Indonesien Unterschlupf finden. Das Archipel mit 17.000 Inseln hat schon Pläne für den Empfang von Klimaflüchtlingen in der Schublade.«Uns geht es um nachbarschaftliche Hilfe», sagte der Generaldirektor im Fischereiministerium, Syamsul Maarif, im Frühjahr. «Wir haben eine soziale Verantwortung. Die Hälfte unserer Inseln sind unbewohnt, da ist das doch kein Problem.» 2.000 Inseln seien allerdings auch in Indonesien in Gefahr zu versinken. Bleiben noch 15.000. «Natürlich müssen wir uns auch um unsere eigenen Leute kümmern.»
Das maledivische Kabinett unterzeichnete bei seiner Unterwassersitzung einen Hilferuf an die Teilnehmer des Klimagipfels in Kopenhagen. «Wir appellieren an die Völker der Welt, die großen und die kleinen, die hoch und die tief gelegenen, die reichen und die armen, sich an den Händen zu fassen und die CO2-Emissionen zu verringern», steht darin. «Wenn die Malediven jetzt nicht gerettet werden können, dann glauben wir kaum, dass es für den Rest der Welt noch Hoffnung gibt», sagte Präsident Nasheed. (dpa)