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19.06.2022 | 15:25 | Regenwaldschutz 

Umweltschützer im Amazonas offenbar ermordet

Brasília - Nach Tagen des Bangens ist es nun traurige Gewissheit: Der britische Journalist Dom Phillips und der Indigenen-Experte Bruno Pereira wurden im brasilianischen Amazonasgebiet getötet.

Regenwald
Dom Phillips und Bruno Pereira dokumentierten Umweltzerstörung und illegale Machenschaften im brasilianischen Regenwald. Das rückte die Männer wohl ins Fadenkreuz von Verbrechern: Auf einer Reise ins abgelegene Javari-Tal wurden sie brutal ermordet. (c) proplanta
Die sterblichen Überreste der zwei Männer seien anhand ihrer Zähne und Fingerabdrücke identifiziert worden, teilte die Bundespolizei am Samstag mit.

Die beiden waren vor zwei Wochen bei einer Reise in das Javari-Tal im Westen Brasiliens verschwunden. Beide seien erschossen worden, teilte die Bundespolizei nun mit. Phillips wurde demnach mit Jagdmunition in den Brust- und Bauchbereich getroffen, Pereira erhielt Schüsse in den Oberkörper und den Kopf.

«Die Morde an Bruno Pereira und Dom Phillips sind nicht hinnehmbar, aber es sind keine Einzelfälle», hieß es in einer Stellungnahme der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. «Der Amazonas muss ein sicherer Ort für alle Menschen werden.»

Mittlerweile wurden drei Verdächtigte festgenommen. Einer räumte ein, an dem Mord an den beiden Männern beteiligt gewesen zu sein und führte die Polizei zu menschlichen Überresten. Die mutmaßlichen Mörder handelten nach ersten Ermittlungsergebnissen wahrscheinlich auf eigene Rechnung. «Die Ermittlungen deuten darauf hin, dass die Täter allein gehandelt haben und kein Auftraggeber oder eine kriminelle Organisation hinter der Tat standen», teilte die Bundespolizei mit.      

«Die Bestätigung, dass Dom und Bruno ermordet wurden, lässt uns mit gebrochenen Herzen zurück», hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Familie von Phillips in Großbritannien. «Wir sind allen dankbar, die sich an der Suche beteiligt haben, vor allem den indigenen Gruppen, die ohne Pause nach Beweisen für den Angriff gesucht haben.»

Phillips lebte schon lange in Brasilien und war mit einer Brasilianerin verheiratet. Er schrieb als freier Journalist unter anderem für die britischen Zeitungen «The Guardian» und «The Financial Times» sowie für die US-Zeitungen «Washington Post» und «The New York Times».

Zuletzt recherchierte er für ein Buch über den Schutz des Amazonasgebiets, die starken wirtschaftlichen Interessen an dessen Ausbeutung und verschiedene Entwicklungsmodelle. Das Motiv für den mutmaßlichen Mord war zunächst unklar. Unter anderem prüfen die Ermittler, ob die Tat im Zusammenhang mit illegaler Fischerei oder Drogenhandel steht.

Die Indigenen-Vereinigung des Javari-Tals beklagte den «unschätzbaren Verlust» von «zwei Partnern». Es waren vor allem die Indigenen der Region, die die Suche nach den Vermissten von Anfang an vorangetrieben hatten. Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro hingegen hatte den Männern zunächst eine Mitschuld gegeben. Er sagte, dass Phillips «in der Region schlecht angesehen» gewesen sei und mehr «auf sich selbst» hätte achten müssen.

«Brasilien ist eines der gefährlichsten Länder für Menschenrechtsaktivisten und Umweltschützer», sagte die Chefin von Amnesty International in Brasilien, Jurema Werneck. «Das ist die Folge einer Politik, die Angriffe auf die Umweltgesetzgebung fördert, Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Rechte indigener Völker zerschlägt und soziale Bewegungen und Gemeindeorganisationen kriminalisiert.»

Phillips und Pereira waren nach Angaben einer regionalen Ureinwohner-Organisation nicht wie geplant am 5. Juni mit dem Boot in der Stadt Atalaia do Norte angekommen. Zuvor hatte Pereira bei der Polizei gemeldet, mehrmals bedroht worden zu sein. Er hatte illegale Machenschaften im Javari-Tal für die Behörden dokumentiert.

Sie hätten die Behörden mehrfach auf die Aktivitäten von kriminellen Gruppen in der Region aufmerksam gemacht, teilte der Indigenen-Verband Apib mit. «Die Grausamkeit des Verbrechens zeigt, dass Pereira und Phillips einer mächtigen Verbrecherorganisation in die Quere gekommen sind, die ihre Spuren um jeden Preis verwischen wollte», hieß es in einer Stellungnahme von Apib.

Die Region ist mit einer Fläche etwas größer als Österreich eines der größten indigenen Gebiete Brasiliens. Viele Indigene leben dort isoliert. Das Grenzgebiet zu Peru und Kolumbien ist durch illegale Goldsuche, Abholzung, Jagd und illegalen Fischfang sowie Drogenschmuggel besonders konfliktreich. Brasilien war der Nichtregierungsorganisation Global Witness zufolge im Jahr 2020 das viertgefährlichste Land für Umweltschützer - 20 Naturschützer und Umweltaktivisten wurden dort getötet.

«Der Tod von Dom und Bruno ist eine tragische Erinnerung daran, wie tödlich der Kampf für Landrechte und indigene Gemeinschaften sein kann, insbesondere in Brasilien, das für Land- und Umweltschützer eines der gefährlichsten Länder der Welt ist», hieß es in einer Stellungnahme von Global Witness.

«Sie haben sich heldenhaft für den Schutz des Amazonasgebiets und seiner Bewohner eingesetzt und die Lungen unseres Planeten geschützt. Die brasilianischen Behörden müssen den Tod der beiden untersuchen und ihren Familien Gerechtigkeit widerfahren lassen.»
dpa
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