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15.12.2009 | 20:45 | Weltklimagipfel  

Verhärtete Fronten - Die Uhr tickt in Kopenhagen

Kopenhagen -  Verhärtete Fronten zwischen Arm und Reich, Meinungsverschiedenheiten auf Seiten der Entwicklungsländern und nur noch wenige Tage bis zum Konferenzende.

Zeit
(c) proplanta
Auf dem Weltklimagipfel rennt den Delegationen die Zeit davon. «Zeit ist jetzt unser schlimmster Feind», hieß es am Montagabend aus Kreisen der Gipfelorganisatoren. Der britische Premierminister Gordon Brown, der am Dienstag in Kopenhagen erwartet wird, warnte angesichts des Konflikts vor einer Spaltung der Staatengemeinschaft. «Die Uhr tickt, wir haben nicht viel Zeit», warnte US-Delegationsleiter Todd Stern am Montagabend. Stern erwartete, dass die ab Mitte der Woche erwartete Ankunft von über 100 Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen einen positiven Druck auf die Umweltminister und Delegationen ausüben werde.

Informelle Absprachen der Umweltminister mit der dänischen Konferenzleitung über den weiteren Verhandlungsverlauf seien plötzlich wieder infrage gestellt worden, hieß es aus Kreisen der Organisatoren. Hintergrund seien nicht zuletzt Meinungsverschiedenheiten innerhalb der in der Gruppe G77 zusammengeschlossenen 130 Entwicklungsländer. Auch der schwedische Umweltminister und EU-Verhandlungsführer Andreas Carlgren erklärte, «wir haben von Seiten der Entwicklungsländer sehr unterschiedliche Stimmen aus dem Plenum gehört.» Blockieren sei der schlechteste Weg, fügte er hinzu. «Alles muss offen diskutiert werden.» Der Leiter der EU-Parlamentsdelegation Jo Leinen warnte vor dem «Misstrauen» zwischen den einzelnen Ländern.

«Es ist nicht nur draußen, sondern auch hier drinnen eiskalt», sagte er. Auch innerhalb der Gruppe der Entwicklungsländer gebe es unterschiedliche Meinungen. «Das sind mehrere Welten in einer.» UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kündigte an, er wolle auf dem Kopenhagener Gipfel zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern vermitteln. «Jetzt ist der Zeitpunkt, um zu handeln», sagte Ban vor seiner Abreise nach Kopenhagen. Am Ende der Verhandlungen müsse eine verbindliche Vereinbarung zum Klimaschutz stehen. Die formellen Gespräche waren am Montagvormittag unterbrochen worden, nachdem die Afrikaner erneut ihren Unmut deutlich gemacht hatten. Nach einer mehrstündigen Pause kehrten die afrikanischen Delegationen dann an den Verhandlungstisch zurück.

Bei diesem Streit geht es unter anderem darum, dass die Entwicklungsländer am Kyoto-Protokoll festhalten wollen, weil darin die Industrieländer verbindlich zur Verringerung ihrer Treibhausgase aufgefordert werden. Allerdings sind die USA bei diesem Vertrag nicht mit an Bord. Bei den parallel laufenden Verhandlungen in Kopenhagen, in die Washington mit eingebunden ist, fürchten die Entwicklungsländer, dass es keine verbindliche Erklärung geben wird.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen ermahnte die USA und China zu einem stärkeren Engagement. Beide Länder müssten mehr Verantwortung übernehmen. «Ich glaube, dass ohne jede Frage zwei Länder - zwei Regierungs- und Staatschefs - eine besondere strategische Position haben, das sind die USA und China.» China und die USA stünden für 40 Prozent der Kohlendioxidemissionen. China sieht seinerseits die Industriestaaten in der Pflicht. Die USA sind zu einer Reduzierung von 17 Prozent gegenüber 2005 bereit, was lediglich einer Reduzierung von etwa 4 Prozent gegenüber dem von der EU verwendeten Referenzjahr 1990 entspricht. Die EU will ihren Ausstoß in diesem Zeitraum um 20 bis 30 Prozent verringern.

Unterstützung erhielten die Entwicklungsländer vom russischen Präsidenten Dmitri Medwedew. Er forderte vor seiner Teilnahme am Klimagipfel mehr Rücksicht auf die Situation in diesen Ländern. Die Verpflichtungen dürften den «jeweiligen wirtschaftlichen Möglichkeiten und Prioritäten eines Landes» nicht zuwiderlaufen. Der Kremlchef bekräftigte, dass Russland seinen Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 25 Prozent reduzieren wolle.

UN-Klimachef Yvo de Boer zeigte sich am Montag verhalten optimistisch. Er bestritt, dass es eine Blockade der Gespräche gebe und verglich die Verhandlungen mit einer Bergbesteigung. Man sei nun auf halber Höhe, sagte der UN-Klimachef und fügte dann ironisch hinzu, nun warte man auf die Seilbahn für den Rest der Reise, der «schnell, reibungslos und entspannend» sein werde. Der britische Premierminister Brown appellierte zur Geschlossenheit auf dem Gipfel. «Jetzt ist die Zeit für Industrie- und Entwicklungsländer, sich nicht zu entzweien, sondern das zu tun, was keine Konferenz mit 192 Staaten je zuvor erreicht hat.»

Unterdessen rief das harsche Vorgehen der dänischen Polizei gegen die Demonstranten am Klimagipfel Proteste hervor. Binnen drei Tagen hat die Polizei über 1.200 Demonstranten festgenommen und teils in Käfige in einer Lagerhalle gesperrt oder stundenlang gefesselt in der Kälte sitzen lassen. Den größten Block der Festgenommenen stellen mit 335 die Deutschen. Am Mittwoch steht eine erneute Kraftprobe bevor, wenn militante Gruppen gegen alle Polizeiverbote den Tagungsort des UN-Klimagipfels stürmen wollen. (dpa)
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