Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
08.10.2016 | 14:38

RWE-Tochter Innogy an der Börse

RWE
RWE hat nach langer Krise mit dem Börsengang von Innogy einen Durchbruch geschafft. Endlich ist wieder Geld für Investitionen in die Energiewende da. Doch was geschieht mit dem Rest-Konzern mit den alten Kraftwerken? (c) rwe

Vom Zauderer zum Zauberer: Innogy-Börsengang großer Tag für Terium



Endlich gute Nachrichten bei RWE: Der Börsenstart war ein voller Erfolg. Fünf Milliarden Euro bekommt der lange kriselnde Konzern von den Aktionären. Doch das ist Vorschuss auf die Zukunft - jetzt müssen die Essener liefern.

An seinem großen Tag verzichtet RWE-Chef Peter Terium auf Triumphgesten. Nur ein kleines Lächeln huscht über das Gesicht des 53 Jahre alten Managers, als er die Börsenglocke läutet und der erste Kurs für die Ökostromtochter Innogy über die Anzeigetafeln tickert. Die neuen Aktien klettern über den Ausgabekurs von 36 Euro. Terium ist erleichtert: «Das ist ein super super Tag.»

Der Druck war groß. Alles wollten sie bei RWE aus dem Börsengang der neuen «grünen» Tochter herausholen. So setzte RWE den Preis am obersten Ende der Spanne an und wurde trotzdem alle angebotenen Aktien los. Das bringt beiden Unternehmen zusammen rund fünf Milliarden Euro in die leeren Kassen. Herbeigezaubertes Geld: Die beiden Teile des Konzerns sind bei getrenntem Auftreten deutlich mehr wert als bisher zusammen. Auf einmal hat der von der Energiewende schwer gebeutelte RWE-Konzern wieder finanzielle Spielräume.

Wer hätte dem gelernten Buchhalter aus den Niederlanden diese märchenhafte Geldvermehrung noch vor einem Jahr zugetraut? Er galt als der große Zauderer. Halbherzig reagiere er auf die Folgen der Energiewende, lautete der Vorwurf. Immer wieder musste er sich das Beispiel seines Amtskollegen Johannes Teyssen vom Erzrivalen Eon vorhalten lassen, der längst mutig die historische Aufspaltung seines Konzerns vorantrieb.

Dagegen versuchte Terium zumindest nach außen hin noch lange, das klassische Geschäftsmodell der Versorger zu verteidigen, das von der Rohstoffförderung über die Stromproduktion und den Transport bis zum Vertrieb alles abdeckte. Dahinter stand die Annahme, dass die neue Energiewelt mit Ökostrom und intelligenten Netzen noch lange auf das Angebot der alten Großkraftwerke angewiesen sei.

Dem folgten aber immer weniger Investoren. RWE bekam zunehmend Probleme, sich an den Kapitalmärkten Geld zu besorgen. Zu groß waren bei Vielen die Sorgen angesichts wegbrechender Gewinne der alten Großkraftwerke und der Unsicherheiten über die Kosten für den Atomausstieg. Der Kurs sank, an der Börse war RWE keine sechs Milliarden Euro mehr wert.

Ein Befreiungsschlag musste her - und zu dem setzte Terium Anfang Dezember 2015 an. Alles was zur künftigen Energiewelt gehört, bündelte RWE in der Tochter Innogy. «Der gordische Knoten ist zerschlagen» jubelte Terium bereits bei der Vorstellung seine Pläne. Der gelungene Börsengang gibt ihm Recht. Ohne Altlasten aus Atom und Kohle erwies sich Innogy als äußert attraktiv für Investoren.

Auf einen Schlag ist das Unternehmen an der Börse 20 Milliarden Euro wert. Für Terium ist das eine große Genugtuung. Die beißende Kritik an seinem lange zögerlichen Vorgehen hat den gelegentlich barsch auftretenden Niederländer oft genervt. «Es ist nicht immer gut, first mover zu sein, manchmal ist es besser, fast follower zu sein», hatte er mit Blick auf die schnellere Neuausrichtung von Eon oft gesagt. Zugleich betonte er, nicht kopiert zu haben. «Wir gehen unseren eigenen Weg.»

Allerdings ist unklar, wie frei Innogy künftig wirklich agieren kann. RWE wird auf eine hohe Dividende von Innogy angewiesen sein, um das Geschäft mit dem von der Energiewende gebeutelten Großkraftwerke und dem schwankungsanfälligen Energiehandel zu stabilisieren und die Atom-Verpflichtungen zu erfüllen. «Die entscheidende Frage ist, wie viel Luft die Mutter der Tochter lässt», meint Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Und ob der Mehrheitseigentümer, die alte RWE AG, noch die Kraft hat, seine Verpflichtungen für den Atomausstieg und später den Rückbau der Braunkohletagebaue überhaupt zu bezahlen, ergänzen Kritiker aus der Umweltszene.

Geld für Investitionen in Erneuerbare Anlagen hat Innogy jetzt zwar bekommen, aber die Projekte mit Sonne und Wind werden künftig zunehmend in Ausschreibungen und damit in scharfer internationaler Konkurrenz vergeben. Man kann nicht mehr bauen wie man will und einfach kassieren. Hier hat der «late mover» RWE die Goldgräberzeit um Jahre verschlafen.

«Der Herausforderungen sind groß», räumt Terium ein. An diesem Montag will er zunächst sein formelles Rücktrittsgesuch als RWE-Chef einreichen, um sich künftig voll auf die Innogy-Leitung zu konzentrieren. Bei RWE übernimmt Teriums bisheriger Stellvertreter Rolf Martin Schmitz.
dpa
zurück
Seite:12
weiter
Kommentieren

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 RWE rechnet mit Gewinnrückgang und macht Druck bei Kraftwerksstrategie

 Kooperationsvertrag zwischen Vodafone und RWE geschlossen

 RWE steigert Gewinn 2023 - Geringere Prognose für 2024

  Kommentierte Artikel

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger