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17.03.2015 | 00:05 | Energiekonzern 

EnBW und öffentliche Hand - eine Ehe mit Hindernissen

Karlsruhe - In staatlicher Hand, aber kein Staatsunternehmen: Der Energiekonzern EnBW gehört zu mehr als 90 Prozent öffentlich-rechtlichen Institutionen, die im Aufsichtsrat genau hinschauen, das Management aber frei wirtschaften lassen.

EnBW Stuttgart
Konfliktlinien säumen das Verhältnis zwischen dem Karlsruher Energieversorger EnBW und seinen staatlichen Aktionären. Am Dienstag stellt die Nummer drei der Stromkonzerne ihre Bilanz vor. (c) proplanta
Bis 2010 hat EnBW viel Geld verdient, denn die Karlsruher hatten von allen Energiekonzernen den höchsten Anteil an Atomstrom. Seit Fukushima (2011) ist alles anders. Der Stromversorger muss sich neu erfinden, und weil die Energiewende teuer ist, werden rote Zahlen geschrieben.

Wenn die EnBW Energie Baden-Württemberg AG an diesem Dienstag ihre Bilanz vorstellt, geht das auch die Steuerzahler im Südwesten an: Jeweils 46,75 Prozent liegen bei einer Beteiligungsgesellschaft des Landes Baden-Württemberg und beim Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW), einem Zusammenschluss von neun Landkreisen. Die Finanzen sind aber nur die eine Seite in einer schwierigen Ehe zwischen Konzern und Staat, die von zahlreichen Interessenkonflikten bestimmt ist: 

- Atomausstieg: Für die Einserblöcke der Atomkraftwerke in Philippsburg und Neckarwestheim hat EnBW beim Landesumweltministerium Anträge für eine Stilllegungs- und Abbaugenehmigung gestellt. Das Prüf- und Genehmigungsverfahren wird sich noch mindestens bis Mitte 2016 hinziehen. Die betroffenen Gemeinden machen sich Sorgen, dass der jahrzehntelange Rückbau der Atommeiler mit neuen Belastungen verbunden sein könnte. Die beiden jüngeren Zweierblöcke müssen bis Ende 2019 (Philippsburg) und Ende 2022 (Neckarwestheim) vom Netz gehen.

- Atommüll: Das Bundesumweltministerium dringt darauf, dass Atommüll aus der Wiederaufbereitungsanlage La Hague in Frankreich im EnBW-Atomkraftwerk Philippsburg zwischengelagert wird. Die Landesregierung hat sich grundsätzlich bereiterklärt, fünf von insgesamt 26 Castoren aufzunehmen. Dazu müsste EnBW einen Antrag beim Bundesamt für Strahlenschutz stellen. Das Unternehmen sieht allerdings noch offene Fragen. Dazu gehören neben dem Genehmigungsrecht und der Technik auch die Kosten. EnBW macht geltend, dass sich das Unternehmen bereits an den Kosten des Zwischenlagers in Gorleben beteiligt - dort sollen aber keine Castoren mehr eingelagert werden, und ein Endlager ist nicht in Sicht.

- Kohlekraftwerke: Für die Energieversorger sind diese Anlagen nur noch ein Verlustgeschäft. Aus Gründen der Versorgungssicherheit müssen sie aber als «Reservekraftwerke» weiter vorgehalten werden. EnBW fordert deswegen eine politische Lösung und plädiert für einen «Kapazitätsmarkt»: Dabei würden nicht nur erzeugte Kilowattstunden bezahlt, sondern auch das Vorhalten von Erzeugungskapazität, die bei Bedarf abgerufen werden kann.

- Schadenersatz: EnBW verlangt vom Bund und vom Land insgesamt mehr als 261 Millionen Euro. Grund ist der Atomausstieg nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima vom März 2011. Die Verhandlung zur Amtshaftungsklage des Unternehmens vor dem Landgericht Bonn könnte im Sommer beginnen. Auch RWE und Eon machen Ansprüche geltend. Die Klage von EnBW ging als letzte im Dezember 2014 ein.

- Stromtrassen: Anwohner, Gemeinden und Landkreise wehren sich gegen Planungen für Nord-Süd-Trassen, die Strom aus Windkraft nach Baden-Württemberg führen sollen. Zentraler Akteur ist der Netzbetreiber Transnet BW, eine 100prozentige Tochter von EnBW. Die grün-rote Landesregierung trennt zwischen ihrer politischen Rolle und ihrer Rolle als EnBW-Aktionärin. Das Aktienpaket ist in einer eigenen GmbH geparkt, der Firma Neckarpri. An diesen Spagat haben sich die Beteiligten gewöhnt. Der Aufsichtsrat hat der Umbaustrategie von EnBW zugestimmt und erwartet, dass Vorstandschef Frank Mastiaux jetzt liefert. Laut Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will sich Baden-Württemberg auf lange Sicht von den EnBW-Anteilen des Landes trennen.
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