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22.09.2015 | 17:39 | Schlachthofmitarbeiter 

Fleischkonzerne ergreifen Maßnahmen gegen Sozialdumping

Berlin - Nach zahlreichen Skandalen um osteuropäische Billigkräfte auf deutschen Schlachthöfen will die Fleischindustrie verstärkt gegen Sozialdumping vorgehen.

Arbeitsbedingungen am Schlachthof
Die Fleischindustrie steht wegen teils verheerender Arbeitsbedingungen für Leiharbeiter immer wieder am Pranger. Sechs Branchengrößen sagen nun zu, unter anderem die Stammbelegschaft schrittweise aufzustocken. Gewerkschafter bleiben skeptisch. (c) contrastwerkstatt - fotolia.com
Eine entsprechende Selbstverpflichtung unterzeichneten am Montag in Berlin sechs führende Fleischkonzerne.

Die Unternehmen Tönnies, Vion, Heidemark, Danish Crown, Lohmann sowie Westfleisch sagen unter anderem zu, den Anteil der Stammbelegschaft schrittweise zu erhöhen. Auf feste Quoten und 100 Prozent Stammbelegschaft wollten sich die Konzerne allerdings nicht festlegen. Den seit Sommer 2014 bestehenden Branchenmindestlohn nennen sie einen entscheidenden Bestandteil.

Zugleich verpflichten sich die Konzerne, bis Juli 2016 Strukturen zu schaffen, «dass sich sämtliche in ihren Betrieben eingesetzte Beschäftigte in einem in Deutschland gemeldeten, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befinden». Dies bedeutet eine bessere Absicherung vor Risiken wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit sowie die Möglichkeit, Rentenansprüche aufzubauen.

Tausende Menschen arbeiten bisher für Subunternehmen aus Ost- und Südosteuropa, die ihre Angestellten per Werkvertrag in Schlachthöfe entsenden. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Vorwürfe des Lohndumpings und der Ausbeutung gegeben. Durch die Selbstverpflichtung können Tausende Werkvertrags-Arbeiter auf bessere Beschäftigungsverhältnisse und Lebensbedingungen in Deutschland hoffen.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel nannte die Vereinbarung einen Riesenfortschritt. «Ich freue mich über die Zusage der Unternehmen, ihre Stammbelegschaft ... weiter aufzubauen.» Die Zusagen der Konzerne würden laufend überprüft und Ergebnisse öffentlich gemacht, betonte der SPD-Chef.

Die Selbstverpflichtung sei kein Ersatz für das Ziel der großen Koalition, Werkverträge zu regulieren. Es müsse aber auch für bessere Exportbedingungen der Unternehmen gesorgt sowie bedacht werden, dass ganze Regionen von der Branche abhingen.

Die Gewerkschaft NGG sprach von einem «Schritt in die richtige Richtung»: «Ich bin gespannt auf das Jahr 2016», sagte NGG-Vizechef Claus-Harald Güster. Für Clemens Tönnies, Miteigentümer des gleichnamigen Lebensmittel-Konzerns, ist die Branche einen großen Schritt weiter gekommen. Die Unternehmen stünden aber auch im Wettbewerb. Sie verlören im Exportgeschäft erheblich an Boden. Nötig sei eine gesamteuropäische Lösung für Werkverträge. (dpa)
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