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01.09.2018 | 10:34 | Innovation 

Grünes Start-Up entwickelt Indoor-Gewächshäuser

Hannover - Der erste Blick im Büro gilt immer den zarten Pflänzchen im Hightech-Gewächshaus, das so aussieht wie ein großer Kühlschrank.

Neofarms
Salat anbauen - und das ohne den lästigen Kampf gegen Schnecken! Ein Start-up aus Hannover will Indoor-Gewächshäuser in die Haushalte bringen. (c) proplanta
Von der Saat bis zur Ernte dauere es drei bis vier Wochen, sagt Maximilian Richter. Der 27-Jährige ist Geschäftsführer des Start-ups «Neofarms» in Hannover. Mit dem Konzept namens Vertical Farming, was Anbau von Pflanzen im urbanen Raum beschreibt, wollen er und sein Geschäftspartner Henrik Jobczyk (24) durchstarten. Das Ziel ihres achtköpfigen Teams, das unter anderem aus Biotechnologen und -verfahrenstechnikern besteht, ist, Indoor-Gewächshäuser für den Hausgebrauch zu vermarkten.

Mehrere Prototypen des automatisierten Gewächsschranks mit in Neopren-Pfropfen steckenden Pflänzchen stehen schon in ihrem Hannoveraner Start-up-Büro. «Ab und zu gibt es bei uns Salat aus dem Testschrank», berichtet Richter. Geschmacklich unterscheide er sich nicht von auf dem Feld angebautem Salat. 

In Zukunft sollen Menschen zu Hause in solchen Schränken mit mehreren Ebenen Salat, Kräuter und Gemüse anbauen können. Dabei setzen die Gründer aus Hannover auf ein Verfahren, das ursprünglich für die Raumfahrt entwickelt wurde: die Aeroponik. Pflanzen wachsen dabei ganz ohne Erde. Stattdessen werden die Wurzeln regelmäßig mit einem Nebel besprüht und die Pflanzen so mit Wasser und Nährstoffen versorgt.

Dies ist nicht die einzige Idee, wie Salat und Co. ohne Erde angebaut werden können. Bei einer anderen Methode wachsen Salate hydroponisch. Dabei stehen die Pflanzen direkt in einer Wasser-Nährstoff-Lösung. Erfolg mit solchen Anbaumethoden hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bremen. Dessen Gewächshaus «Eden ISS» steht in der Antarktis und versorgt die Forschungsstation Neumayer III mit frischem Gemüse.

Im Februar wurden dort die ersten Pflanzen ausgesät. In den ersten gut vier Monaten konnten 39 Kilogramm Salat, 35 Kilo Gurken, 17 Kilo Tomaten, 7 Kilo Kohlrabi und 4 Kilo Radieschen geerntet werden. «Wir haben Gemüse in Hülle und Fülle», sagte Projektleiter Daniel Schubert im Juni.

Viele junge Unternehmen wie Neofarms wollen ihre Ideen zu Geld machen. Vier bis fünf Prozent aller Start-ups in Deutschland sind im Bereich Lebensmittel tätig, wie der jährlich erstellte Monitor des Bundesverbandes Deutsche Startups für das vergangene Jahr ergab. «In den letzten fünf Jahren ist in dem Bereich viel passiert», sagt Verbandssprecher Paul Wolter. Vertical Farming sieht er dabei als Trend. «Generell spielen Ökologie und Regionalität auch bei Start-ups eine wichtige Rolle». Wolter betont: Vor allem in den Großstädten lebten viele Menschen, denen die Qualität der Lebensmittel wichtig ist und die wissen wollten, woher sie kommen.

Vertical Farming scheint dafür das ideale Angebot: Es funktioniert ohne Pestizide, weil die Pflanzen in geschlossenen Räumen wachsen. Die Gründer aus Hannover werben in diesem Sinne. Ihr Slogan: «Grow what you need. Know what you eat.» (dt. Pflanze an, was du brauchst. Wisse, was du isst).

Konkurrenz macht dem niedersächsischen Unternehmen dabei etwa ein Start-up aus Berlin. «Infarms» betreibt in der Hauptstadt gleich mehrere Indoor-Gewächshäuser. Die mit LED in rötliches Licht getauchten Schränke samt Salat oder Mini-Grünkohl stehen zudem in einer Berliner Restaurantkette, wo Caesar's Salad mit frischen Blättern aus eben solchen Gewächshäusern bestellt werden kann.

Eines haben viele der neuartigen Gewächshäuser gemeinsam: Sie arbeiten mit einer Mischung aus roten und blauem Licht. Dieses böte jeweils die Wellenlänge, die Pflanzen brauchten, um Photosynthese zu betreiben, erklärt der Eden-ISS-Projektleiter Daniel Schubert.

«Solche Gewächshäuser sind im Vergleich zum konventionellen Anbau auf dem Feld und in üblichen Gewächshäusern noch nicht konkurrenzfähig», betont er. Das liege vor allem an den Energiekosten. Ziel von Neofarms ist es, ihren Gewächsschrank als Teil der Einbauküche zu etablieren. Die Firma suche derzeit einen Investor. Danach dauere es noch gut zwei Jahre, bis das Produkt an dem Markt gehen könne, prognostiziert Richter. «Wir planen mit zunächst 500 Geräten zu einem jeweiligen Verkaufspreis von 6.500 Euro», erläutert der 27-Jährige.

«Wir wollen eine Alternative zum Gang in den Supermarkt schaffen», sagt er. In-House-Farming könne auch einen Garten ersetzen. Die konventionelle Landwirtschaft erübrige sich aber nicht. «Niemand wird Mais in Massen in großen Gewächshäusern anbauen.»
dpa/lni
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