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09.10.2010 | 18:57 | Pilz-Ausstellung 

Die guten, die bösen und die schönen Pilze

Jena - Das größte Lebewesen der Welt ist - ein Pilz. Im Bundesstaat Oregon in den USA gibt es einen Hallimasch, der so groß ist wie 1.200 Fußballfelder und der rd. 2.400 Jahre alt ist.

Pilze
Doch neben Hallimasch, Champignon und anderen essbaren Pilzen gibt es auch weitere Pilze in unserem täglichen Leben - als Nützlinge wie als Schädlinge. Pilze wie der unter striktem Luftabschluss im Magen von Wiederkäuern lebende „Neocallimastix frontalis“ bewerkstelligen die Aufspaltung der schwerverdaulichen Zellulosen und ermöglichen so erst komplexeres Leben. Schimmelpilze sind notwendig, um organisches Material zu zersetzen, sie produzieren Antibiotika und weitere pharmakologisch aktive Substanzen. Andere Pilze können als Krankheitserreger oder Giftpilz Leben vernichten.

Diese Vielfalt der pilzlichen Mikroorganismen ist an der Friedrich-Schiller-Universität Jena in der neuen Jenaer Mikrobiellen Ressourcensammlung (JMRC) vereint. Etwa 11.000 verschiedene Pilzisolate werden in rund 44.000 Probenbehältern in der gemeinsam vom Institut für Mikrobiologie und dem Hans-Knöll-Institut betriebenen Einrichtung gehalten. Damit verfügt die Jenaer Mikroorganismensammlung über einen in Deutschland einzigartigen Bestand an Pilzen, vor allem Zygomyceten und Ascomyceten, und bietet bestes Arbeitsmaterial für die Forschung. „Ohne das JMRC wären unsere Forschungen schwerlich möglich“, sagt Prof. Dr. Axel Brakhage, Direktor des Hans-Knöll-Instituts (HKI) und gleichzeitig Sprecher der Exzellenz-Graduiertenschule „Jena School for Microbial Communication“ (JSMC).

Die JMRC gibt ab 7. Oktober in einer Sonderausstellung Einblicke in ihre Arbeit und die Sammlung. Unter dem Titel „Pilze: Ein Leben im Verborgenen - Das mykologische Lebenswerk der Johanna Schultze-Wege (1844-1918)" ist die Schau bis zum 11. Februar 2011 in der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) am Bibliotheksplatz 2 in Jena zu sehen. Neben ästhetisch reizvollen und essbaren Pilzen bietet die Ausstellung auch Einblicke in die modernen Methoden und jüngsten Erfolge der Pilzforschung in Jena.

Mykologie - also die Beschäftigung mit pilzlichen Mikroorganismen - ist in Thüringen weiblich - gestern wie heute. Auch das zeigt die neue Ausstellung. Denn die stellvertretende Sprecherin der JSMC Prof. Dr. Erika Kothe und die JMRC-Leiterin PD Dr. Kerstin Voigt präsentieren die Nestorin der Thüringer Pilzforschung, Johanna Schultze-Wege. Als Pionierin der Pilzkunde ist sie außerhalb der Fachwelt weitgehend unbekannt geblieben - was die Ausstellung ändern will. „Johanna Schultze-Wege gilt nicht nur als erste Botanikerin Thüringens, ihr gesamter Lebensweg ist gleichsam exemplarisch für das Schicksal wissenschaftlich ambitionierter Frauen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts“, sagt Kerstin Voigt.

Schultze-Wege blieb als Frau zwar ein Studium verwehrt, dennoch verfasste die Literatin und Forscherin ein erstes Lehrbuch über Thüringer Großpilze, das allerdings unveröffentlicht geblieben ist. Sie illustrierte es mit künstlerisch wertvollen Aquarellen, deren Originale im Herbarium Haussknecht der Universität Jena verwahrt werden. Von der ThULB digitalisiert, sind diese Zeichnungen in der neuen Ausstellung ebenso zu sehen, wie von ihr getrocknete Pilze und Herbarbelege, Skizzen, Manuskripte sowie Notizen. „Mit dieser Ausstellung starten wir den Versuch, Johanna Schultze-Wege ein Gesicht zu geben, indem wir ihre für die Mykologie bedeutsamen Arbeiten und ihre Biographie vorstellen“, sagt Kerstin Voigt. „Damit soll historisch interessierten Besuchern beispielhaft die Methodik der damaligen mykologischen Arbeit im Gelände nahegebracht werden.“

Zur Ausstellung, die u. a. von der Jenaer Universität, der Gewerkschaftsstiftung und vom Museumsverband Thüringen gefördert wird, findet eine Vortragsreihe mit anschließenden Führungen an jedem ersten Samstag im Monat um 11.00 Uhr statt.


Die begleitenden Vorträge

1. Vortrag: Sonnabend (06.11.2010), Heinrich Dörfelt (JMRC) „Das Leben und das mykologische Lebenswerk von Johanna Schultze-Wege im wissenschafts¬historischen Kontext".
2. Vortrag: Sonnabend (04.12.2010), Olaf Kniemeyer (HKI Jena) „Wie kann genombasierte Forschung dazu beitragen, pilzliche Infektionen beim Menschen zu verstehen und zu bekämpfen?".
3. Vortrag: Sonnabend (08.01.2011), Dirk Hoffmeister (FSU Jena) „Pilze: die Wirkstoff-Fabrik im Wald".
4. Vortrag: Sonnabend (05.02.2011), Angela Nüske (Max-Planck-Institut für Biogeochemie): „Krustenpilze (Corticiaceen) um Jena und in Thüringen“.


Ergänzende Ausstellung

Nicht zufällig findet im Stadtspeicher Jena eine ergänzende Ausstellung statt. Vom 7. Oktober bis 14. November werden dort botanische Aquarelle von Tanja Böhning präsentiert. Die Künstlerin studierte an der Universität Jena Biologie und ist jetzt freischaffend tätig. (idw)
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