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20.01.2011 | 18:48 | Dioxin-Skandal 

Dioxin-Schweine, Sündenböcke und ein schwarzes Schaf

Herford - Die Schweine im Stall von Friedrich-Wilhelm Meierjohann lässt der Dioxin-Skandal kalt.

Schwein
Hier wird ordentlich gefressen und Gewicht zugelegt. Genau das ist aber das Problem des Schweinemästers. Er wird die Tiere kaum noch los, die Preise sind im Keller. Jede Woche fährt er Verluste von 8.000 bis 9.000 Euro ein.

«Bundesweit verlieren die Schweinemäster und Sauenhalter jede Woche rund 50 Millionen Euro», sagt Heinrich Kemper, Vorsitzender des Lippischen Landwirtschaftlichen Hauptvereins. Die Krise werde auf dem Rücken der Landwirte ausgetragen. «Die Politiker reden von vorsorgendem Verbraucherschutz und sperren die Höfe. Und wenn dann nichts gefunden wird, wer zahlt dann die Zeche? Wir!»

Auch Bauer Meierjohann fühlt sich zu Unrecht gestraft. «Ich mische das Futter für die Tiere selbst: eigenes Getreide, Molke regionaler Lieferanten, mineralische Stoffe und Soja.» Dennoch stehe die Branche unter Generalverdacht. Der deutsche Verbraucher kauft viel weniger Schweinefleisch, einige Exportmärkte wie China und Südkorea haben Einfuhrstopps verhängt.

«Schon im letzten Jahr fehlten uns zehn Euro pro Schwein», klagte Meierjohann. Nach Weihnachten wurden die Preise dann nochmals gesenkt. Seitdem ist der Preis für ein Kilo Schlachtgewicht von 1,48 Euro auf 1,12 Euro gefallen. «Für ein anständiges Familieneinkommen bräuchte ich etwa 1,82 Euro pro Kilo.»

Die Mast einstellen kann Meierjohann auch nicht. «Die Tiere sind da und wachsen. Ich muss sie vermarkten. Je älter sie werden, desto mehr Fett haben sie und desto niedriger ist der Erlös.» Außerdem sei er seinem Ferkellieferanten verpflichtet.

Das ist Andreas Kemper. Der 35-Jährige aus Detmold verwendet vor allem eigene Produkte als Tierfutter, den Rest kauft er nur mit Zertifikat von langjährigen Lieferanten. Derzeit erzielt er pro Ferkel rund 30 Euro. «Das deckt noch nicht mal die Kosten.» Auch er kann nicht einfach die Ferkelproduktion abstellen. «Wenn ich das tue, bin ich raus aus dem Geschäft.»

«Dieser Skandal wurde hochgejubelt», wettert Heinrich Kemper im Wohnzimmer von Meierjohann. Die Politiker hätten sich nicht richtig informiert und völlig überzogen reagiert. Und der Verursacher, ein Futterfett-Hersteller in Schleswig-Holstein, sei nur ein schwarzes Schaf.

«Dieses Unternehmen wollte offenbar einen unangemessenen, zusätzlichen Reibach machen», sagt Herbert Quakernack, Geschäftsführer des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Herford und Bielefeld. Eine Tonne Pflanzenöl für das Tierfutter koste rund 1.100 Euro, technische Fette weniger als die Hälfte. Bisher gehe man von rund 3.000 Tonnen Fett mit Dioxin aus. «Wenn das alles so war, dann bedeutet das einen Reibach von rund 1,5 Millionen Euro.»

Bauer Meierjohann sieht ein schweres Jahr auf sich zukommen. «Vielleicht ist der Skandal im März schon wieder vergessen», vermutet der 37-Jährige. Allerdings würden jetzt wegen des Überangebots tausende Tonnen Fleisch in den Kühlhäusern gelagert. «Wenn dann die Grillsaison beginnt und der Absatz steigt, werden erstmal diese Bestände günstig auf den Markt geworfen. Das heißt, wir werden das ganze Jahr zu kämpfen haben und durchweg keinen kostendeckenden Preis erzielen.» (dpa)
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