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09.01.2011 | 09:55 | Dioxin-Skandal 

Dioxin-Skandal gibt Ermittlern viele Rätsel auf

Kiel - Die Dioxinfunde geben den Ermittlern auch fast zwei Wochen nach Bekanntwerden erster verdächtiger Messungen etliche Rätsel auf. Woher kam das Gift? Haben «Mixer» bewusst minderwertige technische Mischfettsäure zu teurem Futterfett verarbeitet? Falls ja, in wessen Auftrag?

Eigelb

Der Skandal um Gift in Eiern und Futtermitteln bringt zwar immer neue Grenzwertüberschreitungen ans Licht, doch vieles liegt noch im Dunkeln. Vom Fett-Hersteller Harles und Jentzsch aus Uetersen, der im Zentrum der Affäre steht, kam bisher wenig Erhellendes. «Wir haben keine Fette benutzt, die nicht erlaubt sind», versicherte Geschäftsführer Siegfried Sievert im Spiegel TV Magazin. Er wies den Vorwurf zurück, in kriminelle Machenschaften verwickelt zu sein. Das hatte der niedersächsische Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke (CDU) einzelnen Unternehmen der Branche vorgeworfen.

Die wohl weitreichendste Spekulation, mit der auch die Staatsanwälte in Schleswig-Holstein und Niedersachsen konfrontiert sind: Wurde bewusst versucht, belastete Vorprodukte in einer Anlage im niedersächsischen Bösel so lange zu verdünnen, bis der Dioxin- Grenzwert von 0,75 Nanogramm erreicht war? Fachleute sehen dafür Indizien, doch das ist bisher nur ein Verdacht. Ein solches Vorgehen hätte auch erfordert, die Werte von Labors überprüfen zu lassen.

Das Dioxin soll in Bösel in das Futterfett gelangt sein. Dort steht eine Rührstation, die für die 15-Mitarbeiter-Firma Harles und Jentzsch arbeitet, für diesen Geschäftszweck aber wohl gar nicht registriert ist. Deswegen wurde sie nach Angaben der niedersächsischen Aufsichtsbehörden auch nicht kontrolliert.

Die 112 sogenannten Rückstellproben, die derzeit nach und nach untersucht werden und zum Teil extreme Grenzwertüberschreitungen offenbaren, wurden zwar in Uetersen sichergestellt. «Aber sie sollen alle aus Bösel stammen», sagte der Sprecher des Kieler Landwirtschaftsministeriums, Christian Seyfert, am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. «Aus der Zusammensetzung der Proben kann man nicht zwingend schlussfolgern, woher das Dioxin kommt», sagte er.

Inzwischen haben sich die Forderungen verstärkt, ein mögliches einfaches «Hebelumlegen» in der Produktion zu unterbinden. «Die gleichzeitige Herstellung von Futtermitteln und von technischen Produkten, die für Futtermittel gefährlich sind, unter dem Dach des gleichen Betriebes erscheint mir vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse zu riskant», sagt etwa Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsministerin Juliane Rumpf (CDU).

Dies würde es auch zumindest erschweren, dass ein Hersteller, der beides produziert, ein Fremdlabor mit falschen Angaben in die Irre führen könnte. Eine für Futtermittel geltende Grenzwertüberschreitung bei Dioxin müsste nämlich nicht gemeldet werden, wenn die Probe als technische Fettsäure eingereicht wurde.

«Wir waren leichtfertig der irrigen Annahme, dass die Mischfettsäure, die bei der Herstellung von Biodiesel aus Palm-, Soja- und Rapsöl anfällt, für die Futtermittelherstellung geeignet ist» - so hatte sich Harles und Jentzsch-Geschäftsführer Sievert nach Bekanntwerden der überhöhten Dioxin-Werte zunächst geäußert. Dann hieß es, die belasteten technischen Fettsäuren seien versehentlich in Futterfette gelangt - was Niedersachsens Landwirtschaftsministerium offen als unglaubwürdig einstufte.

«Das Unternehmen informiert die Öffentlichkeit unverzüglich, sobald neue Erkenntnisse vorliegen», hieß es am Montag in einer Pressemitteilung. Es blieb bisher die einzige aus Uetersen. Seitdem gab es nur vereinzelte Interview-Äußerungen. Auch wegen der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hält sich das Unternehmen, dem Branchenexperten starkes Engagement für hohe Qualitätsstandards bescheinigt hatten, in der Öffentlichkeit zurück.

Inzwischen ergaben Dioxin-Tests auch überhöhte Giftwerte in Hühnern, allerdings nicht in Schleswig-Holstein. Allein in Niedersachsen könnten auch Zehntausende Schweine belastet sein. Und der Skandal zieht weitere Kreise: Südkorea führt kein Schweinefleisch aus Deutschland mehr ein, britische Supermärkte nehmen deutscher Eier aus den Regalen, die Slowakei hat ein Verkaufsverbot für Eier und Geflügelfleisch aus Deutschland verhängt - alles wegen der mutmaßlichen Panscherei eines kleinen Betriebes in Norddeutschland.

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