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15.07.2009 | 14:01 | Lebensmittelkennzeichnung  

Minister Peter Hauk MdL: "Lebensmittelimitate dürfen nicht länger verschleiert werden"

Stuttgart - „Die Globalisierung hat längst auch im Lebensmittelbereich Einzug gehalten.

Peter Hauk
Peter Hauk (c) proplanta
Wer heute im Einzelhandel einkauft, findet meist Produkte aus der ganzen Welt. Leider ist es in der letzen Zeit aber immer häufiger vorgekommen, dass die Verbraucher nicht das gewünschte Produkt, sondern eine Mogelpackung in ihrem Einkaufskorb haben. Diese Verschleierung von Lebensmittelimitaten ist nicht akzeptabel", sagte der baden-württembergische Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Peter Hauk MdL, am Mittwoch (15. Juli) in Stuttgart bei der Vorstellung des 'Jahresberichts 2008 der amtlichen Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung'.

Verbraucher müssten vor gesundheitlichen Risiken durch Lebensmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs, aber auch vor Täuschung geschützt werden. „Um dies zu gewährleisten, brauchen wir eine schlagkräftige amtliche Überwachung, die Verstöße schnell und zuverlässig aufdeckt. Dabei sind wir in Baden-Württemberg gut aufgestellt, wie die Fälle Melamin in Babynahrung oder Analogkäse zeigen“, betonte Verbraucherschutzminister Hauk. In erster Linie müssten aber die Produzenten gerade von Lebensmitteln in die Pflicht genommen werden, wenn es um die Kennzeichnung ihrer Produkte geht.

Wer hier mit falschen Karten spiele, begehe nicht nur eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat, sondern setze auch das Vertrauen der Verbraucher aufs Spiel. "Die Entscheidung, Käse oder ein Käseimitat zu kaufen, muss beim Verbraucher und nicht beim Produzenten liegen. Klar erkennbare Angaben sind dabei unerlässlich. Es kann nicht sein, dass Verbraucher ein lebensmittelwissenschaftliches Studium brauchen, um das Zutatenverzeichnis zu verstehen", so Hauk.


Innovation der Unternehmen nicht zu Lasten des Verbrauchers

Die derzeitigen rechtlichen Vorschriften erlaube es den Unternehmen fast beliebige neue Lebensmittelkompositionen zu entwerfen und zu verwenden, was von den Verbrauchern auch geschätzt werde. Die Industrie nutze den Rahmen, der ihnen momentan zur Verfügung stehe, geschickt aus. Die Kennzeichnung erfolgt im Zutatenverzeichnis ('im Kleingedruckten') mit abstrakten Begriffen, wie 'Lebensmittelzubereitung unter Verwendung von Milcheiweiß und Pflanzenfett' oder 'Schokocreme' oder 'mit …. Geschmack'. Dadurch würden die Ersatzprodukte (Imitate) nur von den wenigsten Verbrauchern erkannt.

"Der Verbraucherschutz darf die Innovation der Unternehmen nicht behindern. Dennoch dürfen neue Konzepte nicht zu Lasten der Verbraucher gehen", forderte Minister Hauk. Wer anstelle des Originals bei der Herstellung von Lebensmitteln ein Imitat verwende, müsse dies klar, sichtbar und verständlich als Ersatzprodukt kommunizieren. "Wir wollen keine Beipackzettel bei Pizza, Pesto oder Käse, sondern eine für jeden verständliche Kennzeichnung", ergänzte der Minister.


Hauk fordert schärfere Gesetze in der Lebensmittelkennzeichnung

Der Verbraucher könne bei diesem Thema allerdings auch nicht ganz aus der Pflicht genommen werden. "Wer wissen möchte, was er kauft und isst, muss sich die Produkte auch genauer ansehen und sich Gedanken über die Angaben auf der Ware machen", sagte Hauk. Die Politik müsse aber Rahmenbedingungen schaffen, damit der Verbraucher seine Kaufentscheidung auch bewusst treffen kann. Dies bedeute, dass Imitate auch als solche bezeichnet sein müssten. Die Landesregierung sei bereits in Gesprächen mit der EU, um eine klarere und strengere Regelung bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln zu erwirken. Hauk forderte die EU nachdrücklich auf, sich dieses Themas im Sinne der Verbraucher anzunehmen. Des weiteren bereite Baden-Württemberg derzeit eine Initiative für den Bundesrat vor, der eine schärfere Kennzeichnung fordert. Darin fordert Hauk eine direkte Kennzeichnung von Imitaten in Verbindung mit dem Produktnamen auf der Schauseite.


Risikoorientiertes Kontrollsystem hat sich bewährt

"Baden-Württemberg setzt 2009 die risikoorientierten Kontrollen auf Grundlage des Rahmenplans der Kontrollaktivitäten im Futtermittelsektor fort. Schwerpunkte bleiben weiterhin die Überprüfung der Abläufe in den Betrieben, der dort getroffenen Maßnahmen für eine hohe Futtermittelsicherheit einschließlich deren Dokumentation, sowie der Einhaltung der Rückverfolgbarkeit. Die Untersuchung von Futtermitteln insbesondere auf Dioxine und PCB, Schwermetalle, pharmakologisch wirksame Stoffe, Mykotoxine und gentechnisch veränderte Organismen wird fortgeführt", erklärte Minister Hauk.


Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung

Die amtliche Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg hat im Jahr 2008 96.829 Kontrollen durchgeführt, bei denen 62.288 der insgesamt 221.143 in Baden-Württemberg registrierten Betriebe (28 Prozent) ein- oder mehrmals überprüft wurden. In 14.697 Betrieben, das heißt bei 24 Prozent der kontrollierten Betriebe, wurden insgesamt 23.671 Verstöße festgestellt.

Die Beanstandungsquote kann jedoch nicht als repräsentative Aussage über den Qualitätszustand der Lebensmittelbetriebe oder des Warenangebots in Baden-Württemberg verstanden werden. Sowohl die Betriebsauswahl und Festlegung von Kontrollfrequenzen, als auch die Probenplanung und Probenahme erfolgen risikoorientiert. Es werden Verdachts-, Beschwerde- und Vergleichsproben eingesendet und die Untersuchung der Proben wird zielgerichtet durchgeführt. "Wir kontrollieren gezielt dort, wo wir Probleme oder Missstände vermuten", erläuterte Minister Hauk. Deshalb ist auch die Beanstandungsquote seit Jahren gleich bleibend hoch.

Führen Kontrollen zu Beanstandungen, die nicht sofort und freiwillig durch den Betreiber abgestellt werden, sorgen die verantwortlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden durch Anordnungen - im Jahr 2008 in 20.329 Fällen - dafür, dass Missstände abgestellt werden. Dies ist oftmals verbunden mit Sanktionsmaßnahmen, wie zum Beispiel Bußgeldbescheiden (bis zu 4.000 Euro). Bei Verdacht auf eine Straftat wird der Fall an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. 569 Betriebe mussten aufgrund unhygienischer Zustände geschlossen werden.

Insgesamt wurden 52.249 Proben chemisch, physikalisch und mikrobiologisch untersucht: 46.979 Lebensmittel, 1.874 kosmetische Mittel, 3.191 Bedarfsgegenstände, 162 Tabakerzeugnisse und 43  sonstige Produkte. Davon wurden 9.572 Proben (18 Prozent) beanstandet, die Hälfte wegen Kennzeichnungsmängeln. Als gesundheitsschädlich wurden lediglich 0,3 Prozent der Proben beurteilt, vor allem aufgrund von Verunreinigungen der Lebensmittel mit krankheitserregenden Mikroorganismen (z.B. Salmonellen), aber auch wegen mikrobiell verursachten toxischen Eiweißabbauprodukten (Histamin) in verdorbenem Fisch, wegen scharfkantiger Fremdkörper oder chemischer Verunreinigungen (z. B. Spüllauge).


Ergebnisse der amtlichen Futtermittelkontrolle

„Die amtliche Futtermittelkontrolle hat eine hohe Bedeutung. Eine sichere Lebensmittelproduktion ist nur möglich, wenn die zur Lebensmittelgewinnung dienenden Tiere mit einwandfreien Futtermitteln gefüttert werden. Qualitativ hochwertige und sichere Futtermittel für gesunde Tiere und ohne Belastung für die Umwelt sind unser Ziel", erklärte Hauk. Die amtliche Futtermittelüberwachung als Kontrolle der betrieblichen Eigenkontrolle erfasst alle Stufen von der Herstellung über den Handel bis zur Verfütterung in den landwirtschaftlichen Betrieben.

Im Kontrolljahr 2008 wurden 1.283 Betriebe, in denen Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt, gelagert, transportiert oder verfüttert wurden, kontrolliert (davon 694 tierhaltende Betriebe, insbesondere im Rahmen der Cross Compliance-Kontrollen). Dabei wurden 1.486 Betriebs- und 73 Buchprüfungen durchgeführt und insgesamt 1.255 Futtermittelproben (414  Einzelfuttermittel, 793 Mischfuttermittel, 48 Vormischungen und Zusatzstoffe) entnommen, von denen 203 Proben, cirka 16 Prozent, nicht den Vorschriften entsprachen. Beanstandungen ergeben sich aus verschiedenen Gründen, wobei die Zahl der Beanstandungen wegen Höchstgehaltüberschreitungen 'unerwünschter Stoffe' oder auf Grund des Nachweises 'verbotener Stoffe' erneut äußerst gering war.

Neben 177 Hinweisen in leichten Fällen wurde in 68 Fällen ein Bußgeldverfahren eingeleitet. In 15 Fällen musste eine anderweitige Verwendung, eine unschädliche Beseitigung des Futtermittels oder dessen Behandlung angeordnet werden. Die Kontrollen 2008 ergaben zwar keine besonders gravierenden und weitreichenden Befunde - der weltweite Handel mit Futtermitteln und deren Ausgangsprodukten erfordert jedoch eine erhöhte Aufmerksamkeit der Verwender und der zuständigen Behörden. (PD)
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