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25.04.2009 | 06:51 | Energiepreise  

Pfister stellt Gutachten zu Strom- und Gaspreisen in Baden-Württemberg vor

Stuttgart - Die Strom- und Gaspreise für die Verbraucher in Baden-Württemberg lagen bislang im Bundesvergleich im mittleren Bereich.

Strompreise
(c) proplanta
Wenn allerdings der Verbraucher aktiv seine Marktmacht einsetzt, kann er im Südwesten in vielen Fällen auch Preise deutlich unter dem Durchschnitt für sich herausholen.“ Mit diesen Worten fasste Wirtschaftsminister Pfister heute in Stuttgart das Ergebnis eines vom Leipziger Institut für Energie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellten neuen Gutachtens über die Strom- und Gaspreise in Baden-Württemberg zusammen.

Pfister: „Angesichts der bundesweit generell hohen Strom- und Gaspreise ist das vergleichsweise gute Abschneiden Baden-Württembergs zwar nur ein kleiner Trost für die Verbraucher. Gleichwohl zeigt der Vergleich, dass sich beim Gas die konsequente Überwachung durch die in meinem Haus angesiedelte Landeskartellbehörde auszahlt. Sie hat – als bundesweit eine der ersten Kartellbehörden - das Instrument der verschärften kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht zum Nutzen der Gaskunden angewandt. Seit Inkrafttreten der Neuregelung Anfang 2008 hat die Kartellbehörde in meinem Haus insgesamt 15 Gaskartellverwaltungsverfahren eingeleitet. In zwölf Fällen kam es in der Folge zu Preissenkungen, zwei Verfahren sind derzeit noch anhängig, lediglich ein Verfahren brachte keinen Gewinn für den Verbraucher.“


Strombereich

„Im Strombereich ist die Wechselbereitschaft der Verbraucher der wichtigste Aspekt für einen funktionierenden Wettbewerb“, betonte der Minister. „Ich appelliere an die Verbraucher, Preise von Stromanbietern zu vergleichen und sich gegebenenfalls offen für einen Versorgerwechsel zu zeigen“, so Pfister wörtlich. Daneben sei und bleibe es Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass die Marktmacht der großen Energiekonzerne nicht zu Lasten der Verbraucher ausgenutzt werde. In diesem Zusammenhang wies Pfister auf die stete Kontrolle der Netzzugangskosten sowie die seit Ende 2007 geschaffene verschärfte Möglichkeit der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht bei marktbeherrschenden Strukturen hin, die im Hinblick auf die Stromerzeuger durch das Bundeskartellamt wahrgenommen werde.

Unabhängig davon hätten die Gutachter festgestellt, so Pfister weiter, dass die Verbraucher in Baden-Württemberg durchschnittlich unter der höchsten Zahl von Stromanbietern auswählen könnten. Um von dieser günstigen Wettbewerbslage profitieren zu können, müsse der Kunde jedoch selbst aktiv werden. So liege zum Beispiel der Preis für die Versorgung eines durchschnittlichen Haushalts mit vier Personen in der Grundversorgung in Baden-Württemberg mit 22,0 Cent/kWh leicht über dem Bundesdurchschnitt und bundesweit an 11. Stelle. Wolle der Verbraucher nicht auf die Betreuung durch seinen regionalen Versorger verzichten, so habe er aber die Möglichkeit, bei diesem einen Sondervertrag abzuschließen. Hier liege in Baden-Württemberg der günstigste Tarif des örtlichen Versorgers bundesweit an drittbester Stelle. Lediglich in Berlin und Hamburg seien die günstigsten Tarife des örtlichen Versorgers noch preiswerter.

Vergleicht man die günstigsten erhältlichen Stromtarife, einschließlich der Angebote bundesweit tätiger Versorgungsunternehmen, so liegt Baden-Württemberg neben Bremen und Rheinland-Pfalz in etwa im Bundesdurchschnitt. Noch günstiger, so der Wirtschaftsminister, sehe es für die Haushalte in Baden-Württemberg dann aus, wenn man deutschlandweit den Anteil des verfügbaren Haushaltseinkommens mit dem jeweils günstigsten Tarif vergleiche, der für den Bezug von Strom aufgewendet werden müsste. Hier liege Baden-Württemberg mit 1,3 Prozent des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens an zweiter Stelle. Lediglich in Hamburg müsse der Durchschnittshaushalt noch weniger für Strom aufwenden.

Strompreisvergleiche zwischen den einzelnen Bundesländern seien im Gegensatz zum Haushaltsbereich bei der Industrie nicht mehr möglich, da Industrieunternehmen mittlerweile ihren Strom bundes- oder europaweit ausschreiben.

Bei Preisvergleichen, insbesondere auf europäischer Ebene, zeige sich aber deutlich, so Pfister, dass in Deutschland der Staat selbst für einen ganz erheblichen Anteil der Belastung der Verbraucher mit Energiekosten verantwortlich ist. „Der staatlich bedingte Anteil an den Strompreisen (Steuern und Abgaben) beträgt etwa 40 Prozent“, so Wirtschaftsminister Pfister. „Betrachtet man die durchschnittlichen Strompreise im europäischen Vergleich, so liegt Deutschland ohne Staatsanteil auf durchschnittlichem Niveau, unter Berücksichtigung des Staatsanteils jedoch 30 Prozent über dem EU-Durchschnitt“. Besonders bemerkenswert, so Minister Pfister weiter, sei dabei die Entwicklung der staatlich bedingten Preisbestandteile.

Während etwa bei Haushalten von 2000 - 2008 die auf den Strommarkt entfallenden Preisbestandteile um knapp 20 Prozent gestiegen seien, hätten sich die staatlich bedingten um nahezu 50 Prozent erhöht. Diese Entwicklung, so Pfister, sei im Industriebereich teilweise noch extremer zu beobachten und gipfle dort in Extremfällen in einer Erhöhung der staatlich verursachten Strompreisbestandteile um nahezu 1200 Prozent von 1998 - 2008. Dies, so Pfister, führe dazu, dass die Industrie in Deutschland im europaweiten Vergleich etwa 5 - 10 Prozent höhere Stromkosten zu verkraften habe.

Insgesamt bezeichnete Pfister eine Intensivierung des Wettbewerbs auf dem Stromerzeugungsmarkt als dringend notwendig. Wichtige Voraussetzungen hierfür seien neben der Wechselbereitschaft insbesondere auch die Erleichterung des Marktzugangs für neue stromerzeugende Anbieter, um die Zahl der Marktbeteiligten auf dem Strommarkt zu erhöhen. Pfister: „Dies ist die beste Antwort auf die Dominanz weniger großer Anbieter.“


Gasbereich

Nach Aussage der Gutachter, so Minister Pfister, liegen auch die durchschnittlichen Erdgaspreise für Haushalte in Deutschland um 15 - 20 Prozent über dem Niveau in der EU. Hier betrage der staatlich bedingte Anteil allerdings nur rund 25 Prozent, was dem durchschnittlichen Satz innerhalb der EU entspreche.

„Im innerdeutschen Vergleich sind die Gaspreisangebote in Baden-Württemberg im Mittelfeld bis günstig einzuordnen“, so Wirtschaftsminister Pfister. „Dabei ist die Wettbewerbssituation für Haushaltskunden im Gasmarkt bei Weitem noch nicht so ausgeprägt wie beim Strom“. Auch hier gelte, „der Wettbewerb ist kein Selbstläufer, sondern bedarf der aktiven Teilnahme der Verbraucher“. Minister Pfister wies weiter darauf hin, dass nach Feststellungen der Gutachter die durchschnittlichen Erdgaspreise für Industrie und Gewerbe in Deutschland etwa um zehn Prozent höher liegen als im EU-Durchschnitt, sofern die staatlich bedingten Abgaben und Steuern nicht berücksichtigt werden. Bezieht man diese Preisbestandteile mit ein, so Pfister, liegen die deutschen Erdgaspreise bis zu 20 Prozent über dem EU-Durchschnitt.

Auch im Erdgasbereich insgesamt sei in den letzten Jahren eine überdurchschnittliche Erhöhung der staatlich verursachten Belastungen festzustellen. Die Steigerung liege im Industriebereich durchschnittlich bei etwa 50 Prozent und im Haushaltsbereich bei etwa 30 - 50 Prozent. Dabei seien im Gasbereich allerdings die durchschnittlichen Importkosten, bedingt durch die Entwicklung der globalen Energiepreise, bis zum Jahr 2007/2008 noch stärker um rund 70 Prozent gestiegen. Hier, so Pfister, sei allerdings nach Abschluss des Untersuchungszeitraums des Gutachtens bereits wieder eine deutliche Preissenkung zu verzeichnen.

Bezogen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Haushalte, so der Wirtschaftsminister weiter, liege Baden-Württemberg auch beim Erdgas wie beim Strom an zweitgünstigster Stelle mit vier Prozent des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens.


Aktuell niedriges Preisniveau bei Energierohstoffen ist nicht von Dauer

„Der Abschluss dieser Studie fällt in einen Zeitraum, in dem die internationalen Energiemärkte wieder durch ein niedrigeres Preisniveau bei Energierohstoffen gekennzeichnet sind“, zitiert Minister Pfister die Gutachter „Diese aktuell günstige Preissituation wird aber nicht von Dauer sein.“ Er teilt vielmehr die Auffassung der Gutachter, dass bei einer Erholung der Weltwirtschaft auch die Preise für Energierohstoffe wieder deutlich ansteigen würden, wobei damit zu rechnen sei, dass die Preishöchststände der Vergangenheit noch deutlich übertroffen werden könnten.

Die Preissituation bei Strom sowohl im Haushalts- als auch im Industriebereich könne, so Pfister weiter, durch eine sich verschärfende Knappheitssituation bei der Stromproduktion verschärft werden. Er gehe davon aus, so Pfister, dass insbesondere bei Vollzug des Ausstiegs aus der Kernenergie zum einen die stabilisierende Wirkung des Atomstroms wegfalle und zum anderen die Nachfrage nicht mehr im selben Umfang gedeckt werden könne wie bisher. Dies werde zwangsläufig zu weiter steigenden Strompreisen an der EEX führen. Auch die vorhersehbare Entwicklung auf den globalen Gasmärkten sei von Preisrisiken gekennzeichnet. Zum einen werde sich mit einer Erholung der Weltwirtschaft die Nachfrage nach Erdgas sprunghaft erhöhen. Zum anderen sei bereits heute absehbar, dass sowohl die Investitionen in die Erschließung neuer Gasfelder als auch insbesondere in neue Infrastruktursysteme erhebliche Defizite aufwiesen. Dies, so Pfister weiter, führe ebenfalls zu absehbaren Preisrisiken.

Abschließend betonte Pfister, dass auch mit Blick auf die weitere Preisentwicklung im Energiesektor die Aussage gilt: „Optimale Energieversorgung setzt einen ausgewogenen Energiemix voraus“. Dies, so Pfister weiter, sei auch von den Gutachtern bestätigt worden, die ausdrücklich darauf hingewiesen hätten, dass auch unter preislichen Aspekten heute auf keinen der zur Verfügung stehenden Energieträger - und damit auch nicht auf die Kernenergie - verzichtet werden dürfe.


Diskussion über Ausmaß der Gaspreissenkung

Zur aktuellen Diskussion, ob die Gasversorger gesunkene Einkaufspreise in vollem Umfang an die Verbraucher weiterreichen, sagte Pfister, dass bereits Anfang 2009 das Wirtschaftsministerium als Energiekartellbehörde alle Gasversorger im Lande schriftlich aufgefordert habe, dafür Sorge zu tragen, dass sinkende Gasbezugspreise unmittelbar und ohne Verzögerung an die Endkunden weitergegeben würden. „Außerdem habe ich eine verschärfte kartellrechtliche Prüfung angeordnet, um festzustellen, dass dies auch zum Wohle der Gaskunden umgesetzt wird“, so der Minister.

Sehr bewährt habe sich zudem die auf der Homepage des Wirtschaftsministeriums eingestellte Gaspreisübersicht, die alle drei Monate aktualisiert werde. Pfister: „Sie schafft Transparenz und erzeugt damit öffentlichen Druck auf die Preisgestaltung, denn kein Gasversorger steht gerne als teuer im Rampenlicht.“ Am Bespiel des größten Gasversorgers im Land mit mehr als 240.000 Gaskunden zeige sich, dass dieser in der Grundversorgung seit Dezember 2008 bis April 2009 seine Bruttopreise um 1,55 ct/kWh gesenkt habe, das seien netto 1,3 ct/kWh. Pfister: „Die Senkung beträgt zwar brutto nur 18 Prozent, sie bedeutet aber netto eine rund 30-prozentige Senkung des reinen Gasarbeitspreises.“

Das jüngste Gutachten, das im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion entstanden sei, könne zwar für die dort untersuchten fünf Gasversorger zutreffend sein. Unter diesen befinde sich allerdings kein baden-württembergischer Gasversorger, so dass sich daraus nur in sehr begrenztem Umfang Rückschlüsse auf die Situation im Land ziehen ließen. Pfister: „Es ist nun Sache der Kartellbehörden, im Einzelfall zu prüfen, ob Gasversorger die gesunkenen Einkaufspreise auch im vollen Umfang weitergegeben haben. Eines ist jedoch für mich jetzt schon sicher: Die Gaskunden im Land werden in der nächsten Heizperiode von den bis dahin tendenziell eher noch etwas weiter sinkenden Gaspreisen profitieren.“

Pfister forderte abschließend, „jetzt mit Hochdruck die Gasnetzzugangsverordnung so umzugestalten, dass der Wettbewerb weiter belebt wird. Entsprechende Bemühungen des Bundeswirtschaftsministers unterstütze ich voll und ganz. In Baden-Württemberg beobachte ich schon heute eine erfreuliche Zunahme von neuen Gasanbietern mit kreativen Angeboten. Dass viele Stadtwerke den Wettbewerb als Chance begreifen, freut mich ganz besonders. In den meisten Versorgungsgebieten in Baden-Württemberg bieten - neben dem etablierten Gasversorger – jeweils mehr als fünf neue Lieferanten Gas für Haushaltskunden an.“ (PD)
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