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03.05.2010 | 05:27 | Öko-Weinbau 

Keine Begünstigung der Artenvielfalt in Bio-Weinbergen

Fribourg - In Weinbergen, in denen die Richtlinien für biologische Produktion eingehalten werden, kommen nicht mehr Tier- und Pflanzenarten vor als in solchen, die nach den Kriterien der integrierten Produktion (IP) bewirtschaftet werden.

Keine Begünstigung der Artenvielfalt in Bio-Weinbergen
Dies ist die Schlussfolgerung einer Studie, die durch den Nationalen Forschungsschwerpunkt Plant Survival, ein von der Universität Neuchâtel geleitetes interdisziplinäres Netzwerk, mitfinanziert wurde. Die an der Universität Fribourg durchgeführte Studie ist soeben im Wissenschaftsmagazin Biological Conservation veröffentlicht worden.

Odile Bruggisser hat unter der Leitung von Sven Bacher, Oberassistent an der Universität Fribourg, biologisch bewirtschaftete und IP-Weinberge am Bielersee miteinander verglichen. Die Arbeit dieser Masterstudentin hatte zum Ziel, die ökologischen Auswirkungen von biologischen und verschiedenen anderen traditionellen Methoden zur Bekämpfung von Unkräutern (durch Mulchen oder Mähen) oder Schädlingen (Fungizidapplikation manuell oder per Helikopter) zu evaluieren. Die junge Biologin hat in dieser Studie den Einfluss dieser Pflanzenschutzmassnahmen auf die Nahrungskette auf drei Ebenen gemessen (Pflanzen, Heuschrecken, Spinnen).

In den «Bio»-Weinbergen konnte in diesem Versuch weder ein Einfluss auf die Anzahl Individuen noch auf die Artenvielfalt der drei Organismengruppen festgestellt werden. Die Vielfalt der Heuschrecken war in den IP-Weinbergen sogar grösser als in Bio-Parzellen. Die Autoren der Studie erklären ihre unerwarteten Ergebnisse: «Die 'Bio'-Landwirtschaft wird oft mit einer Zunahme der Artenvielfalt gleichgesetzt. Dies scheint aber hauptsächlich für einjährige Kulturen zu gelten. Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Einfluss der biologischen Bewirtschaftung auf die Artenvielfalt in mehrjährigen Kulturen wie Weinbergen oder Obstgärten differenzierter ist.»

Die Forscher stellen die Hypothese auf, dass der Einfluss der biologischen Bewirtschaftung auf die Vielfalt der Organismen in einjährigen Kulturen wie zum Beispiel Weizen nicht derselbe ist, wie in mehrjährigen Anpflanzungen, bei denen die Störungen durch die Bewirtschaftung im Allgemeinen viel geringer ausfallen. Mehrjährige Kulturen werden nicht jedes Jahr neu angepflanzt, so dass zum Beispiel die Störungen durch Bodenbearbeitungen viel kleiner sind. Weinberge stellen während einer Dauer von ungefähr vierzig Jahren für eine grosse Anzahl von Organismen ein stabiles Habitat dar. Die biologische Produktion verringert hier das Ausmass der Störungen zusätzlich, wodurch sich ein natürliches Gleichgewicht einstellen kann. Dieses Ökosystem fördert konkurrenzstarke Arten. Andere Arten, die Störungen durch die Bewirtschaftung tolerieren können, finden vorteilhaftere Lebensbedingungen vor, wenn traditionell bewirtschaftet wird. Die biologische Bewirtschaftung könnte demnach in bestimmten Fällen zu einem Rückgang der Artenvielfalt führen.

In einjährigen Kulturen hingegen ist der Sachverhalt anders: Hier werden die Pflanzen jede Saison vollständig abgeerntet. Das Habitat der Organismen, die in diesem Ökosystem beheimatet sind, wird also regelmässig grundlegend verändert. Zu dieser negativen Auswirkung gesellt sich der massive Einsatz von Pflanzenschutzmitteln der konventionellen Bewirtschaftungsweise. Wechselt man hier zur biologischen Bewirtschaftung, können solche Störungen des Habitats nicht zuletzt durch die drastische Reduktion von Pestiziden kompensiert werden, was zu einer Zunahme der Artenvielfalt führt.

Odile Bruggisser und ihre Kollegen schliessen daraus, dass die Störung des Habitats durch die biologische Bewirtschaftung in Weinbergen wahrscheinlich zu geringfügig ist, um die Artenvielfalt nennenswert zu beeinflussen. (unine)
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