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30.03.2013 | 05:46 | Klimaforschung 

Extreme Wintereinbrüche werden zunehmen

Katlenburg-Lindau / Potsdam - Auf den aktuellen eisigen Wintereinbruch in Europa werden Klimaforschern zufolge in den kommenden Jahren viele weitere folgen.

Wintereinbruch
(c) proplanta
Sie halten aber jeweils nicht lange an. Generell werde auch diese Jahreszeit eher wärmer.

«Der Winter in Deutschland war gar nicht besonders kalt, um Weihnachten herum hatten wir sogar extrem hohe Temperaturen», bemerkt Prof. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (Pik). «Wenn man alle drei Wintermonate mittelt, dann sind die Temperaturen in den vergangen Jahrzehnten jedenfalls nicht gesunken, sondern klar gestiegen.» Der wärmste Winter seit Beginn der Aufzeichnungen sei 2006/2007 gewesen. Als letzten «richtig kalten» nennt er 1962/63. Damals sei der Bodensee komplett zugefroren, seitdem nicht mehr.

«Allerdings gab es in Europa in den letzten Jahren extreme Kälteeinbrüche wie im Februar 2012 oder jetzt im März», erläutert Rahmstorf. Mehrere Klimastudien hatten diese bereits vorhergesagt oder bestätigt. Eine Ursache ist demnach das mit der Erderwärmung immer stärker schmelzende Arktiseis.

Pik-Forscher Prof. Vladimir Petoukhov hatte bereits 2010 in einer Modellrechnung eine Verdreifachung extremer Wintereinbrüche in Europa und Nordasien prognostiziert. Grund: Das dunkle, offene Meer in der Arktis heize untere Luftschichten weiter auf. Das führe zu einer Luftströmung, die in der Computersimulation kalte Winterwinde nach Europa brachte.

US-Forscher hätten die Modellrechnungen bestätigt, erläutert Rahmstorf. «Sie haben durch eine Datenauswertung gezeigt: Wenn weniger Seeeis in der Arktis ist, dann wird es wahrscheinlicher, dass sich dort ein Hochdruckgebiet bildet, das uns Kälte bringt.» Die derzeitigen Kälterekorde seien sehr ungewöhnlich, wenn man längere Messreihen betrachte. Daher sei es wahrscheinlich, dass sie als Ursache eine bislang ungekannte Entwicklung wie die starke Eisschmelze der Arktis hätten.

Die Fläche des arktischen Eises schwankt im Jahresverlauf, geht aber generell zurück. Im September 2012 war die Eisfläche der Arktis nach Angaben des US-Datenzentrums für Eis und Schnee (NSIDC) so klein wie nie in den 33 Jahren Beobachtung. Auch die maximale Eisausdehnung im März geht zurück: «Die zehn kleinsten Maxima seit Satellitenbeobachtung gab es in den zehn vergangen Jahren von 2004 bis 2013», berichtete das NSIDC am Montag.

Die Sonne jedenfalls sieht Rahmstorf im Gegensatz zu anderen Berichten nicht als Ursache für die winterlichen Temperaturen. «Nur fünf Prozent der Temperaturunterschiede von Winter zu Winter können durch Schwankungen der Sonnenaktivität erklärt werden.» Die Sonnenaktivität wirke sich mit einem Monat zeitlicher Verzögerung im geringen Umfang auf das Erdklima aus, habe aber keine größeren Einfluss: «2010 hatten wir ein besonders tiefes Minimum in der Sonnenaktivität und zugleich das global wärmste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1880.»

Auch Sonnensystemforscher Werner Curdt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) im niedersächsischen Katlenburg-Lindau geht davon aus, dass der langanhaltende Winter kein Vorbote der nächsten Eiszeit ist. Derzeit gebe es zwar eine relativ geringe Sonnenaktivität, die prinzipiell zu einer Abkühlung des Erdklimas führen könne. Die aktuelle Wetterlage sei aber keine Folge geringer Sonnenaktivität. In anderen Regionen der Nordhalbkugel, etwa in Sibirien, sei es derzeit wärmer als sonst um diese Jahreszeit.

«Grundsätzlich gibt es einen Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Erdklima», sagt Curdt. Ein Beispiel dafür sei die sogenannte kleine Eiszeit. «Es hat von 1650 bis 1700 so gut wie keine Sonnenflecken gegeben.

Gleichzeitig war es auf der Erde sehr kalt.» Sonnenflecken sind das auffälligste Zeichen für eine starke Sonnenaktivität. Der genaue Zusammenhang sei allerdings unklar. Er gehe davon aus, dass in Zeiten größerer Sonnenaktivität auf der Erde mehr Röntgenlicht und mehr ultraviolettes Licht ankomme und es daher wärmer werde.

Derzeit sei die Sonnenaktivität vergleichsweise gering, sagte Curdt. «Ich glaube aber nicht, dass sich dies klimatisch auswirkt». Erst wenn die geringe Aktivität mehrere Jahrzehnte lang anhielte, würde sich dies auf das Klima auswirken. Es gebe über mehrere Jahre hinweg zwar gewisse zyklische Schwankungen der Sonnenaktivität, sie lasse sich aber insgesamt nicht langfristig vorhersagen. (dpa)
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