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23.11.2013 | 07:34 | Ostsee=Todeszone? 

Handlungsempfehlungen für ostseefreundliche Landwirtschaft

Müncheberg - Der ökologische Zustand der Ostsee hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verschlechtert.

Kritischer Zustand der Ostsee
(c) proplanta
Hohe Nährstoff- und Pflanzenschutzmitteleinträge aus der intensiven Landwirtschaft sind eine der Hauptursachen. Die Folgen zeigen sich in erhöhtem Algenwachstum und Reduzierung des Sauerstoffgehaltes. Flora und Fauna im größten Binnenmeer sind nicht nur akut bedroht - etwa zwanzig Prozent der Kern-Ostsee gelten bereits als Todeszone.

Wissenschaftler und Berater haben nun Handlungsempfehlungen erarbeitet für einen besseren Schutz der Ostsee: Das Projekt BERAS Implementation (Baltic Ecological Recycling Agriculture and Society) im Rahmen des „EU Baltic Sea Region Programme 2007-2013“ zeigt Handlungsansätze zum nachhaltigen Schutz der Ostsee auf.

Das Augenmerk liegt auf der gesamten Lebensmittelkette vom Landwirt bis zum Verbraucher. 24 Partner-Institutionen aus neun Ländern sind daran beteiligt, um in enger Zusammenarbeit aller Ostsee-Anrainerstaaten eine schnelle und dauerhafte Verbesserung zu erreichen.

BERAS Implementation empfiehlt eine ökologisch, kreislauforientierte Landwirtschaft, in der Pflanzen- und Tierproduktion eng miteinander verknüpft sind. Wesentlich ist eine effiziente Stickstoffversorgung des Bodens durch Leguminosenanbau und eine flächenabhängige, artgerechte Tierhaltung mit innerbetrieblicher Futtererzeugung. Diese Form der Landbewirtschaftung verzichtet auf mineralischen Stickstoffdünger, chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sowie Futtermittelimporte aus Übersee. Vorteil: Die Stickstoff- und Phosphorüberschüsse können drastisch gesenkt werden. Zudem stärken vielfältige Fruchtfolgen die natürlichen Schutzmechanismen der Pflanzen und machen Pestizide überflüssig.

Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. in Müncheberg hat federführend die Handlungsempfehlungen für die Umstellung auf eine ökologisch, kreislauforientierte Landbewirtschaftung erarbeitet. An diesem Prozess beteiligt waren über 25 Experten unterschiedlicher Fachgebiete aus allen Ostseeanrainerländern.

Vier Handbücher in englischer Sprache, die gedruckt und online verfügbar sind ( www.beras.eu), behandeln die Themengebiete: Pflanzenbau und Tierhaltung, Betriebswirtschaft, Vermarktung und Betriebsbeispiele. Die Empfehlungen werden zurzeit in die jeweiligen Landessprachen der 9 Partnerländer übersetzt. Sie eignen sich auch zum Einsatz im Bildungssektor, auf Verwaltungsebene oder zur Politikberatung.

Damit die wissenschaftlichen Ergebnisse auch einem breiten Publikum zugänglich werden, wurde länderübergreifend das Netzwerk „Nachhaltige Lebensmittelgemeinschaften“ aufgebaut. Hier arbeiten landwirtschaftliche Betriebe zusammen mit Verarbeitern, Händlern, Restaurants, Schulen, Universitäten und Verbrauchern mit dem Ziel, den Konsum von Lebensmitteln aus ökologischer Landwirtschaft vor Ort zu erhöhen.

Deutlich werden soll, dass durch Änderung von Ernährungsgewohnheiten - wie z.B. die Erhöhung des Konsums regional erzeugter, ökologischer Produkte sowie Reduzierung des Fleischkonsums und der Speisereste - nachhaltig die Umwelt entlastet werden kann. Auf insgesamt 18 Betrieben sowie Forschungs- und Beratungsinstitutionen wurden Informationszentren eingerichtet.

In Brandenburg übernimmt diese Rolle der Betrieb Ökodorf Brodowin (bei Berlin), in Mecklenburg-Vorpommern der LandWert Hof (bei Stralsund) und in Schleswig-Holstein die Dömäne Fredeburg (bei Lübeck). 25 weitere Betriebe in Umstellung sind dem Netzwerk ebenfalls angeschlossen.

Durch das Zusammenwirken von ökologischen Betrieben mit Läden, Restaurants, Schulen, Politikern und Verbrauchern profitiert nicht nur die Ostsee von nachhaltiger Produktion und Vermarktung, vielmehr wird die Wirtschaft ganzer Regionen dadurch entscheidend gefördert. (zalf)
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