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11.12.2006 | 14:42 | Zugewanderte Pflanzen  

Neophyten können das Wachstum einheimischer Baumarten unterdrücken

Stuttgart - Zugewanderte Pflanzen (Neophyten) können auch das Wachstum einheimischer Baumarten stark behindern.

Alliaria petiolata
(c) proplanta
Am Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle (UFZ) beschäftigen sich Botaniker seit mehreren Jahren mit Lebensgemeinschaften aus verschiedenen Pflanzen und Tieren, so genannten Biozönosen. Bei Untersuchungen an der Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata M. BIEB.) CAVARA et GRANDE)) waren die Forscher auf einen neuen Mechanismus gestoßen, der sogar die Vermehrung von Bäume bremsen kann. Diese Pflanze sondert nämlich chemische Substanzen ab, die Pilze im Boden unterdrücken bzw. schädigen. Dadurch können auch junge Baumkeimlinge nicht anwachsen und somit etablierte Baumarten allmählich verdrängt werden.

Es war gewissermaßen ein Zufall wie Dr. Daniel Prati vom UFZ berichtet. "Wir hatten eigentlich die Knoblauchsrauke unter die Lupe genommen, weil wir Insektenbefall an ihr untersuchen wollten, um biologische Schädlings-bekämpfungsmittel zu entwickeln. Umso mehr waren wir überrascht, dabei auf einen neuen Mechanismus zu stoßen, der ein wichtiger Baustein in den komplizierten Verdrängungsprozessen der Natur sein könnte."

Die Studie, die in Zusammenarbeit mit den US-Universitäten Havard, Montana und Purdue sowie der kanadischen Universität Guelph entstand, sorgte vor allem in Kanada für großes Aufsehen, weil zu den betroffenen einheimischen Baumarten dort auch der Kanadische Ahorn gehört, dessen Blatt das Nationalsymbol des Landes ist.

Zuckerahorn, Roter Ahorn und Weißesche wurden in den Versuchsreihen, im Beisein der phytotoxischen Substanzen, deutlich weniger mit Bodenpilzen (Mycorrhiza) besiedelt. Die Besiedelung von Baumwurzeln durch Bodenpilze ist aber ein wichtiger Schritt für die Etablierung junger Bäume, da diese Pilze in Symbiose mit den Bäumen leben, die ihnen hilft, Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen, die für das Überleben unerlässlich sind. Vergleiche mit anderen Baumarten zeigten außerdem, dass die Knoblauchsrauke haupt-sächlich Harthölzer negativ beeinflusst.

Es wird vermutet, dass diese Strategie - die Ausschaltung pflanzlicher Konkurrenz durch die Abgabe pflanzentoxischer Substanzen (sogenannte Allelochemicals) - Pflanzen in ihrer Ausbreitung unterstützt. In der Natur ist diese Form der Interaktion (Allelopathie) aber keinesfalls ein Einzelfall, sondern weit verbreitet.

Steckbrief der Knoblauchrauke
Im Volksmund wird die Knoblauchsrauke auch als Lauchkraut oder Knoblauchhederich bezeichnet. Ursprünglich ist sie eine Pflanze der Laubwälder. Auf die bevorzugte halbschattige Lage bzw. Standorte mit hoher Luftfeuchtigkeit weisen auch ihre großen und dünnen, in der Regel hellgrünen Blätter hin. Auf nährstoffreichen, tiefgründigen Lehmböden kann sie mitunter verstärkt vorkommen. Daneben findet man sie auch an Wegrainen und in Stadtgebieten.

Die Knoblauchsrauke ist meist zweijährig, manchmal auch ausdauernd. Sie besitzt eine Pfahlwurzel und  wird 20 - 100 cm hoch. Ihr Stängel ist schwach kantig und im unteren Bereich behaart. Die unteren Blätter sind langgestielt, nierenförmig und gekerbt. Die oberen Blätter sind kürzer gestielt und meist herzförmig-dreieckig sowie buchtig gezähnt. Die Blütezeit ist von April bis Juni, selten bis Oktober. Zu diesem Zeitpunkt ist bei Massenauftreten der typische knoblauchartige Geruch wahrnehmbar. Auch das Zerreiben der Blätter führt zu diesem Geruchs-Effekt. Dieser ist auch namensgebend für die Art.

Die Knoblauchsrauke wird sowohl als Gewürzpflanze als auch in der Naturmedizin zur Heilung von Bronchitis und Ekzemen verwendet. Sie enthält das Senföl-Glykosid Sinigrin sowie Allylsenföl und Diallyldisulfid.

Ähnlich wie beim Bärlauch, entdeckt die moderne Kräuterküche allmählich die Knoblauchsrauke im zunehmenden Maße wieder. Allerdings lässt sich die Knoblauchsrauke nicht so vielfältig verwenden wie der Bärlauch, da ihre Geschmacksstoffe flüchtiger sind und beim kochen an Aroma verlieren.

Die unscheinbare Knoblauchsrauke wurde um 1860 als Gewürz- und Heilpflanze aus Europa nach Nordamerika eingeführt.
Mittlerweile gilt sie dort als eine Art, die sich stark vermehrt und ausbreitet.

Neophyten, zu denen bei uns auch das Indische Springkraut und die Beifußblättrige Ambrosie zählen, können bestehende Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen. Allein der Schaden, den Neophyten in der Landwirtschaft in den USA anrichten, wird auf über 27 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt. Das Auswildern fremder Arten ist in Deutschland inzwischen genehmigungspflichtig.

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Knoblauchsrauke - beim Zerreiben der Blätter entsteht der charakteristische intensive Lauchgeruch
 
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