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12.11.2013 | 15:07 | Schimmelpilz-Forschung 

Schimmelpilzen mit Licht den Kampf angesagt

Karlsruhe - Das Licht ging Markus Schmidt-Heydt im wahrsten Sinne des Wortes rein zufällig auf: Wegen Bauarbeiten musste der Biologe am Karlsruher Max Rubner-Institut für Ernährung eines Tages mit seinen Schimmelpilzkulturen umziehen.

Schimmel auf Lebensmitteln
(c) proplanta
Im Gegensatz zur bisherigen eher spärlich ausgeleuchteten Arbeitsstätte fand er sich mit seinen zahlreichen Petrischalen voller Pilzfäden plötzlich in einem besonders hellen Labor wieder. Die überraschende Folge: Einige seiner Pilze stellten das Wachstum ein.

Bis dahin hatte der Wissenschaftler die parasitären Gewächse, denen Jahr für Jahr ein Viertel der weltweiten Nahrungsmittelernte zum Opfer fällt, mit Wärme zu bekämpfen versucht. Nun änderte er seine Strategie und stellte seine Forschungsobjekte ins Licht.

«Für jeden Pilz gibt es eine Lichtart, die ihn hemmt», fand Schmidt-Heydt heraus, indem er farbige Filter, wie sie auch auf Theater- und Konzertbühnen für bunte Lichteffekte sorgen, unter die Lampen hängte.

Fusarien etwa, die Getreide und Mais auf den Feldern befallen und deren Gifte ganze Ernten verderben können, mögen kein Rotlicht. Penicillien, die bei der Erzeugung von Camembert-Käse und Antibiotika zum Einsatz kommen, aber als Grünschimmel eingelagerte Lebensmittel ruinieren, können Blaulicht nicht vertragen.

Für den promovierten Biologen eine wichtige Erkenntnis. Denn die unsichtbaren Pilzgifte, die Mykotoxine, gehören zu den giftigsten natürlichen Substanzen überhaupt. Ein Viertel der weltweiten Ernte wird jährlich durch Schimmel vernichtet, bevor die Nahrungsmittel überhaupt den Verbraucher erreichen. Damit sind Schimmelpilze noch immer eines der großen ungelösten Probleme der Landwirtschaft, erläutert Schmidt-Heydt. Wie viele Lebensmittel darüber hinaus noch in Haushalten verschimmeln, weiß niemand.

Der 39-jährige Forscher will deshalb den schädlichen Pilzen den Garaus machen, indem er sie ins rechte Licht rückt. Nicht ganz einfach. Denn was man von ihnen als grünen Pelz auf altem Brot oder als Pfifferling im Wald sieht, ist nur der Fruchtkörper. Der eigentliche Pilz bildet ein feines, unsichtbares Geflecht aus fadenförmigen Zellen unter der Oberfläche, das über ein Quadratkilometer groß sein und ein hohes Alter erreichen kann.

Weil man das Ausmaß nicht erkennen kann, sollte man vom Schimmel befallene Lebensmittel immer ganz wegwerfen, rät der Forscher. Erhitzen durch toasten oder aufkochen sei sinnlos. «Der Pilz stirbt dabei zwar ab, aber das Gift zerfällt teilweise erst bei 300 Grad.»

Um dem Schimmel etwas entgegensetzen zu können, haben Schmidt-Heydt und seine Kollegen eine Licht-Box konstruiert. In den Kammern der Apparatur können sie Proben unterschiedlichen Lichtarten und Frequenzen aussetzen.

«Mit schwachem Blaulicht kann man die Pilze in der Toxinbildung hemmen, mit starkem kann man sie im Wachstum hemmen. Und mit sehr starkem Blaulicht kann man sie abtöten», erläutert der Forscher.

«Die Toxinbildung durch Lichtinduktion zu verhüten, ist eine vielversprechende Strategie», bestätigt auch Ebrahim Razzazi-Fazeli, Professor für Bioanalytik an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Bis zur praktischen Umsetzung sei es allerdings noch ein langer Weg. Doch Schmidt-Heydt denkt schon an ganz simple mechanische Lösungen: «Möglich wäre es, Lagerhäuser in der Dritten Welt durch spezielle Buntglasscheiben, die für das richtige Licht sorgen, schimmelsicher zu machen.» (dpa)
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