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20.06.2010 | 19:25 | Expertin: "Einseitige Sichtweise führt nur zum Stigma" 

Ungesund Lebende geben den Genen die Schuld

Washington/Fribourg - Es ist immer einfacher, den Genen die Schuld zu geben als den eigenen Lebensstil zu ändern.

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Zu diesem Schluss kommen Forscher der Georgetown University in der Zeitschrift "Annals of Behavioral Medicine". Folgt man ihrer Logik, so ist es für Menschen mit Vorbelastung fatal, wenn man ihnen per Gentest ein erhöhtes Risiko für Lebensstil-Erkrankungen vorhersagt. Experten halten dagegen, dass das Verhalten bei erblicher Vorbelastung mit Lebensstil-Krankheiten eine noch wichtigere Rolle bekommt.


Wer gefährlich lebt meidet Vorbeugung

Die Forscher um Suzanne O'Neill untersuchten dafür 2.000 gesunde Erwachsene. Sie erhoben bei ihnen das Verhalten wie die Bewegung, Ernährung, Rauchen, Alkoholkonsum, Sonnenexposition, Vitamineinnahme und Body-Mass-Index, berücksichtigen Angaben über deren Familiengeschichte und untersuchten sie körperlich. Dabei konzentrierte sich man auf die Faktoren, die kausal mit Diabetes, Osteoporose, Herzerkrankungen, hohem Cholesterinwert, Bluthochdruck, sowie Lungen-, Darm- und Hautkrebs zusammenhängen.

Gleichzeitig legte man den Untersuchten Informationen über diese Krankheiten vor, die teils über vorbeugendes Verhalten aufklärten, teils den Einfluss der Gene betonten. Die Schlussfolgerung der Forscher: Wer eine Verhaltensänderung am dringendsten nötig hätte, geht am ehesten in die Defensive und wertet Vorbeugemaßnahmen ab." Als Erklärung vermuten sie, dass die Teilnehmer mit Vorbelastungen früher wahrscheinlich schon derartige Verhaltensratschläge bekommen und auch ausprobiert haben, ohne dass diese jedoch zum Erfolg geführt hätten. Deshalb würden sie nun weniger daran interessiert sein.


Verhalten bei Vorbelastung noch wichtiger

Etwas anders interpretiert Anja Hilbert, Psychologin an der Universität Fribourg, diese Ergebnisse. "Die Betroffenen handeln nur vernünftig, wenn sie etwa aus dem Übergewicht beider Elternteile schließen, dass sie selbst familiär belastet sind und bei gleicher Nahrungsaufnahme schneller zunehmen werden als andere", so die Adipositas-Forscherin gegenüber pressetext.

Die Gefahr sieht Hilbert vielmehr darin, dass der Einfluss der Gene als deterministisch verstanden wird. "Bei bestimmten monogenetischen Krankheiten wie Chorea Huntington kann das Verhalten die Expression eines Gens kaum beeinflussen. Das ist aber bei den komplexeren, polygenetischen Lebensstilkrankheiten nicht der Fall." Je größer bei diesen die Vorbelastung sei, desto wichtiger sei ein gesundheitsförderliches Verhalten wie etwa Bewegung und gesunde Ernährung, damit sich die Krankheit nicht entwickelt.


Medien fördern das Stigma

Ebenso falsch wie die Gene für alles verantwortlich zu machen sei auch das genaue Gegenteil. "In unseren Forschungen zu Adipositas bestätigte sich, dass Menschen, die die Ursache für die Adipositas nur im Verhalten sehen und andere Faktoren ausschließen, übergewichtige Menschen am meisten diskriminieren", so die Fribourger Psychologin. Eine wichtige Rolle komme den Medien als Meinungsbildner zu. "Solange die Berichterstattung die komplexe Interaktion verschiedenster Faktoren nicht hinreichend vermittelt, fördert sie das Stigma der Betroffenen." (pte)

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