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21.04.2023 | 12:32 | Gasversorgung 

LNG-Terminal vor Rügen: Scholz und Habeck versuchen sich zu erklären

Binz - Lautstarker Protest draußen, ein erstes Abtasten drinnen - bei einem Besuch auf Rügen haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Pläne für ein Flüssigerdgas (LNG)-Terminal auf oder vor der Insel verteidigt.

Flüssigerdgas
Im Streit um ein LNG-Terminal auf Rügen suchen Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck auf der Insel das Gespräch. Endlich - sagen Kritiker. In der Sache findet man aber nicht zueinander. (c) Michael Shake - fotolia.com
Allein mit Terminals an der Nordseeküste, Importen über westeuropäische Häfen und Pipelines aus Norwegen komme man nicht zurecht, sagte Scholz am Donnerstag nach einer Gesprächsrunde in Binz. Beteiligt waren etwa 60 Vertretern von Verbänden, Gemeinden und Wirtschaft. Zuvor hatten mehrere hundert Menschen gegen das Terminal demonstriert.

Deutschland brauche auch im Osten Import-Infrastruktur, sagte Scholz. «Denn es geht um Versorgungssicherheit für den Osten Deutschlands.» Der Kanzler fügte hinzu, er habe auf Rügen schon Urlaub gemacht und wisse, wie schön es sei. So schön solle die Insel auch bleiben.

Scholz plädierte in der nicht-öffentlichen Gesprächsrunde nach dpa-Informationen für den Hafen von Mukran in der Nähe von Binz als Standort. Nach Aussage von Teilnehmern verwies er mit Blick auf eine mögliche Alternative auf offener See auf technische Probleme.

Auch Habeck legte demnach den Fokus auf Mukran. Nach dem Treffen betonte der Wirtschaftsminister, die Versorgung Ostdeutschlands hänge daran, «dass weitere Alternativen geschaffen werden».

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte: «Wie alle wissen, sind die Emotionen hier gerade auf der Insel sehr hochgekocht.» Trotz Pfiffen und lauter Unmutsbekundungen suchte sie vor dem Treffen den Dialog mit Demonstranten, die sich vor der Binzer Tourismusinformation versammelt hatten. Die Polizei sprach von bis zu 600 Demonstranten.

In dem Gebäude gab es nach den Worten der Ministerpräsidentin dann ein «Gespräch auf Augenhöhe». Es sei klar, dass man weiter im Gespräch bleibe. Ähnlich äußerte sich Bürgermeister Karsten Schneider. Er wertete das Gespräch mit Kanzler und Wirtschaftsminister als erstes Abtasten. «Dafür empfand ich das Gespräch sehr gut.» Schneider stellte aber auch klar: Man werde weiterhin «alle Mittel» gegen ein Terminal vor oder auf Rügen ergreifen.

Auch Stefanie Dobelstein von der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen sagte: «Ich find' es erstmal grundsätzlich gut, dass es das Gespräch gab.» Leider sei aber bestätigt worden, dass man auf den Standort Mukran ziele. Bei der Einschätzung des tatsächlichen Bedarfs nutze das Wirtschaftsministerium offenbar andere Studien als Kritiker.

Mit Blick auf eine vermeintliche Nachnutzung von LNG-Infrastruktur mit Wasserstoff forderte sie, «nicht weiteres Geld in Pipelines zu versenken mit Versprechen, dass wir da vielleicht eine grüne Technologie in 10, 15, 20 Jahren haben werden».

Die Pläne sorgen seit Monaten für heftigen Widerstand auf der Insel. Kritiker fürchten um die Umwelt und den für Rügen besonders wichtigen Tourismus. Auch die Landesregierung hat Zweifel angemeldet, ob das Terminal überhaupt benötigt wird. Der Bund sieht in einem Standort an der ostdeutschen Küste nach früheren Angaben auch Vorteile für die Energieversorgung in Ost- und Mitteleuropa.

Das Terminal soll über eine Offshore-Pipeline im vorpommerschen Lubmin an das Gasnetz angebunden werden. Hier landen die nicht betriebenen deutsch-russischen Pipelines Nord Stream 1 und 2 und treffen sich mehrere Leitungen mit großer Kapazität zur Weiterverteilung. Kritiker sprechen von nicht benötigten Überkapazitäten, die durch ein Terminal an oder vor Rügens Küste geschaffen würden.
dpa/mv
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