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25.08.2015 | 00:01 | Weinbau 

Säuerung von Most und Wein des Jahrgangs 2015 zugelassen

Freiburg - Die außergewöhnlich trockene Vegetationsperiode 2015 mit einer ungewöhnlichen Häufung von extremer Hitze sowie sehr hohen Durchschnittstemperaturen führt bei allen Sorten zu einer verfrühten Traubenreife mit hohen pH-Werten und niedrigen Säurewerten des Traubenguts.

Traubengut
(c) proplanta
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg hat deshalb ausnahmsweise die Säuerung von Trauben, Most und Wein des Jahrgangs 2015 der bestimmten Anbaugebiete Baden und Württemberg zugelassen.

Bei Trauben (auch gemaischt), Most, gärendem Most und Jungwein darf die Säuerung bis zu einer Höchstmenge von 1,50 g je Liter, berechnet als Weinsäure, durchgeführt werden, bei Wein bis 2,50 g je Liter. Die Säuerung, welche auch in mehreren Arbeitsgängen erfolgen kann, ist mit L-Weinsäure, L- oder DL-Äpfelsäure sowie mit Milchsäure zulässig. DL-Weinsäure oder Metaweinsäure sind hierfür nicht erlaubt. Die Weinsäure muss aus Weinbauerzeugnissen gewonnen worden sein. Möglich ist die Säuerung auch mittels Elektrodialyse oder Kationenaustauschern unter den dafür festgelegten Bedingungen.

Zu beachten ist, dass die Säuerung und die Anreicherung sowie die Säuerung und die Entsäuerung ein und desselben Erzeugnisses einander ausschließen. Da jedoch Trauben, Most, gärender Most und Wein rechtlich als verschiedene Erzeugnisse gelten, ist beispielsweise die Anreicherung von Traubenmost und die nachfolgende Säuerung als Wein durchaus möglich. Wenn im Moststadium gesäuert wird, darf die Anreicherung aus rechtlichen Gründen erst nach Gärbeginn erfolgen; falls der Most angereichert wird, darf dementsprechend die Säuerung erst später erfolgen.

Zu beachten ist ferner, dass die Säuerung nur in der Weinbauzone erfolgen darf, in der die Trauben geerntet worden sind. Die Säuerung von Wein darf überdies nur in dem Betrieb erfolgen, in dem die Weinbereitung stattgefunden hat.

Die Säuerung ist in die Weinbuchführung und ggf. in das Begleitdokument einzutragen. Betriebe, die Erzeugnisse des Jahrgangs 2015 säuern, müssen dies dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg spätestens am 2. Tag nach Abschluss der ersten Maßnahme – möglichst aber vorab – pauschal melden. Ein entsprechender Vordruck „Meldung oenologischer Verfahren“ lässt sich hier herunterladen und online oder manuell ausfüllen. Wenn die Säuerung 2015 bereits gemeldet worden ist, entfällt eine nochmalige Meldung.

Das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg empfiehlt, bei Lesegut mit pH-Werten über 3,4 die Säuerung aus Gründen der mikrobiellen Stabilität bereits im Most-/Maische-Stadium vorzunehmen. Bei Zugabe der erlaubten 1,50 g/l (ber. als Weinsäure) ist mit einer Senkung des pH-Wertes um 0,2 bis 0,3 Einheiten zu rechnen. Falls erforderlich, kann im Weinstadium erneut eine Säurekorrektur mit bis zu 2,50 g/l (ber. als Weinsäure) erfolgen. Es wird aber empfohlen, bei der Säuerung von Wein zurückhaltend vorzugehen und Vorversuche zu machen, oftmals reicht hier bereits die Gabe von beispielsweise 0,5 g/l.

Die zulässige Säuerung um 1,5 bzw. 2,5 g/l (ber. als Weinsäure) entspricht bei Verwendung von Weinsäure selbst ebenfalls 1,5 und 2,5 g/l. Wenn Äpfel- oder Milchsäure eingesetzt werden, ergeben sich die zulässigen Mengen aus folgender Tabelle:

Dosierungstabelle

 

Trauben, Most etc.
(max. 1,5 g/l, ber. als Weinsäure)

Wein
(max. 2,5 g/l, ber. als Weinsäure)

Weinsäure

            150 g/hl

            250 g/hl

Äpfelsäure

            134 g/hl

            223 g/hl

Milchsäure (80 %)

       225 g/hl   (= 188 ml/hl)

      375 g/hl   (= 313 ml/hl)

Auf folgende Besonderheiten der einzelnen Säuren wird hingewiesen:

Weinsäure

Weinsäure ergibt die größte pH-Absenkung und bietet sich daher insbesondere für Most etc. an. Allerdings führt sie zu einem mehr oder weniger starken Weinsteinausfall, verbunden mit einer Abnahme der Gesamtsäure sowie des Kaliumgehalts und somit des Extrakt-Werts, der pH-Wert ändert sich dabei jedoch nicht. Bei Weinsäure ist die Erhöhung der Gesamtsäure deshalb nicht genau vorhersagbar. Wird sie im Weinstadium verwendet, sollte vor der Füllung auf eine ausreichende Weinsteinstabilität geachtet werden.

Äpfelsäure

Die handelsübliche DL-Äpfelsäure besteht je zur Hälfte aus D- und L-Äpfelsäure. Im Falle eines Biologischen Säureabbaus wird die L-Form in üblicher Weise zu Milchsäure verstoffwechselt, die D-Form wird hingegen nicht abgebaut. Zu bedenken ist auch, dass nach Zugabe zu Wein eine erneute mikrobielle Instabilität gegeben sein kann. Die Äpfelsäure, besonders die ebenfalls zugelassene L-Äpfelsäure, ist allerdings nicht überall verfügbar.

Milchsäure

Milchsäure ist kristallin nicht erhältlich, handelsüblich ist sie in Form einer gut dosierbaren 80 %igen Lösung. Manche Präparate können mitunter einen leicht laktischen Geruch aufweisen. Milchsäure führt nicht zu Weinsteinausfall und ist mikrobiell stabil, weshalb sie in der Obstweinbereitung bevorzugt verwendet wird und sich auch für die Säuerung von Wein anbietet. Zu beachten ist, dass Milchsäure zu 7 - 8 % gebunden vorliegt und die Freisetzung dieses Anteils – nach Zugabe zum Erzeugnis – bei Raumtemperatur einige Stunden dauern kann, bei Kellertemperatur bis zu einigen Tagen. Der gewünschte Säuerungseffekt (Gesamtsäure, pH-Wert) stellt sich daher erst nach dieser Zeit in vollem Ausmaß ein.

Weitere Informationen zur Säuerung können den beiden Artikeln von Dr. Rainer Amann entnommen werden:

Quelle: Dr. Jürgen Sigler - Staatliches Weinbauinstitut Freiburg (WBI)
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