Am Mittwoch aber haben der einstige grüne Vordenker, der langjährige Hamburger CDU-Regierungschef und Brandenburgs Ex-Ministerpräsident von der
SPD noch einmal einen großen Auftritt in der Hauptstadt. Eigentlich.
Geplant ist, dass die drei Chefs der Regierungskommission in Berlin einen «Neuen Entsorgungskonsens» zum Atomausstieg vorstellen. Es geht darum, wie die Kosten für Abriss und Stilllegung der Kernkraftwerke sowie für die sichere Verwahrung des Atommülls aufgeteilt werden - und zwar bis zum Jahr 2099.
Damit würden Trittin, Beust und Platzeck Geschichte schreiben. Wenn sich aber in letzter Minute nicht etwas tut, wird es vorerst wohl nichts mit einem historischen Konsens zwischen Staat und Atomkonzernen. Dann müsste nicht nur die Überschrift des Konzepts der 19-köpfigen Regierungskommission zur Finanzierung des Atomausstiegs geändert werden. Noch aber wird hektisch telefoniert - die Entscheidung fällt am Mittwochvormittag.
Sollten die Verhandlungen auf der Zielgeraden scheitern, dürften den taumelnden Stromkonzernen Eon,
RWE,
Vattenfall und
EnBW - die lange die Ökostromwende verschliefen - noch größere Turbulenzen drohen. Finanzmärkte und Ratingagenturen wollen Gewissheit zu den Kostenrisiken.
Seit vergangenem Herbst lotet die Atom-Kommission im Auftrag der Bundesregierung Vorschläge zur langfristigen Finanzierung der Kosten des Atomausstiegs aus. Daneben gibt es bereits eine Endlager-Kommission, die die Suche nach einem Standort für den Atommüll vorantreiben soll. Damit Eon & Co. sich nicht vor den Kosten drücken können, wurde - unabhängig von der Atom-Kommission - ein Haftungsgesetz auf den Weg gebracht. Es soll verhindern, dass sich die Mutterkonzerne durch Abspaltung ihrer Atomtöchter in neue Gesellschaften aus der Verantwortung ziehen.
Jahrelang haben Deutschlands Atomkraftwerke Milliarden-Gewinne abgeworfen. Die Atommeiler galten als Gelddruckmaschinen. Von einer Million Euro war die Rede - pro Tag. Doch seit der Katastrophe von Fukushima ist klar, dass bis zum Jahr 2022 endgültig Schluss ist mit der
Atomenergie in Deutschland. Nach den goldenen Zeiten brechen die bitteren und teuren Abschiedsjahre an.
Auf mindestens 47,5 Milliarden Euro werden die Kosten für den Abriss der Kernkraftwerke und die Endlagerung des Atommülls geschätzt. Gut 40 Milliarden Euro haben die Konzerne dafür an Rückstellungen gebildet. Zumindest die Hälfte davon will der Staat sichern, um bei einer Pleite der «großen Vier» am Ende nicht auf den Kosten der atomaren Hinterlassenschaften sitzen zu bleiben und die Risiken für den Steuerzahler wenigstens zu minimieren.
Geht es nach der Regierungskommission, sollten die Unternehmen die Stilllegung und den Rückbau der Atommeiler übernehmen. Der Staat würde für die End- und Zwischenlagerung des Atommülls zuständig sein und dafür einen Fonds auflegen, der von den Konzernen bis 2022 finanziell aufgefüllt wird. Das Verursacherprinzip bliebe weitgehend gewahrt. Etwa 17,2 Milliarden Euro müssten die Konzerne für den Entsorgungsfonds von ihren Rückstellungen abtreten. Die Kommission beharrt aber auf einem Risikoaufschlag von weiteren Milliarden, um den Staat besser vor bösen Überraschungen zu schützen.
Vor allem um die Höhe der Aufschläge und eine Haftungsfreistellung wird noch gestritten. Die Konzerne wollen natürlich möglichst wenig von ihren Rücklagen abtreten. Andererseits sind sie interessiert an einem Deal zu den Altlasten. Denn schon jetzt stehen sie an den Börsen und Kapitalmärkten unter Druck. Sie bekommen nur noch schwer Geld und teure Kredite für die nötige Neuausrichtung.
Es bleibt spannend bis zuletzt, ob sich die Kommission mit Zwei-Drittel-Mehrheit auf ein Konzept mit klaren Regeln für die Kosten einigt. Wird sie verfehlt, sind die Verhandlungen gescheitert. Der Staat könnte die Konzerne dann durchaus per Gesetz dazu verdonnern, einen Teil der Rückstellungen in einen staatlichen Fonds zu zahlen. Die könnten sich vor Gericht wehren. Bis zu einer Entscheidung dürften Jahre vergehen - ob sich Eon, RWE & Co. damit einen Gefallen tun?