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01.10.2014 | 06:17 | Weltvegetariertag 

Indien - das Land der Vegetarier

Neu Delhi - Saftige Rindfleisch-Burger? Eine Wurst im Brot? In Indien kaum vorstellbar. Millionen Familien auf dem Subkontinent sind Vegetarier, oft schon seit vielen Generationen. Da beugen sich sogar Fast-Food-Ketten.

Vegetarischer Burger?
(c) proplanta
Erst kam Buttermilch mit Minze und Koriander auf den Tisch, dann runde frittierte Teigbällchen mit Linsenfüllung, schließlich Aubergine und Bockshornklee, Okra mit Erdnüssen, Basmati-Reis und Fladenbrot. Indiens Regierungschef Narendra Modi ließ seinem Amtskollegen aus China, Xi Jinping, bei dessen Besuch jüngst 100 Spezialitäten auftischen. Sie alle hatten eines gemeinsam: Sie waren vegetarisch.

Denn Indiens Premierminister isst kein Fleisch, und das gilt auch für Millionen andere Menschen auf dem Subkontinent mit seinen 1,25 Milliarden Menschen. Etwa 40 Prozent der Inder beschreiben sich laut mehreren Umfragen als Vegetarier. Auch wenn diese Zahl langsam zurückgeht: Fleischesser werden noch immer «Nicht-Vegetarier» genannt. Laut UN-Angaben essen Inder im Schnitt nur rund 5,1 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr, so wenig wie sonst fast nirgendwo auf der Welt.

Die Vorbehalte gegen Fleisch sind bei vielen Indern - vor allem Hindus, Buddhisten und Jains - so groß, dass sich selbst Hamburger-Ketten beugen. McDonald's eröffnete in diesem Jahr ein vollkommen vegetarisches Restaurant in Amritsar vor dem Goldenen Tempel, denn Vertreter der Sikh-Religion erlaubten Fleischverzehr an ihrem heiligen Schrein nicht. Auch in der für Hindus wichtigen Stadt Kurukshetra mussten alle Fleischgerichte von Karte weichen.

Auch sonst wurden fast drei Viertel der angebotenen Speisen extra für Indien erfunden, und in den Küchen würden «vegetarische und nicht-vegetarische Produkte» völlig getrennt behandelt, erklärte das Unternehmen. Und selbst wenn es Fleisch sein soll, kommt nur Hühnchen infrage - davon können auch andere Fast-Food-Ketten wie Subway und Pizza Hut ein Lied singen. Gegen Schwein protestieren die Muslime, weil die Tiere laut Koran unrein sind, und gegen Rind die Hindus, weil Kühe für sie einen besonderen Platz einnehmen.

Selbst im Supermarkt müssen alle Produkte mit Fleisch-Zutaten einen braunen Punkt auf der Verpackung tragen, während vegetarische Produkte einen grünen Punkt bekommen. Dabei kennen Inder noch viel mehr Unterschiede: «Es gibt Eggitarians, die keine Eier essen, und Menschen, die Milchprodukte ablehnen. Andere essen nur Hühnchen, oder nur Fisch, und manche verzichten auf Zwiebeln und Knoblauch, weil das die innere Ruhe, das Gleichgewicht der Gefühle stört», sagt Ernährungsberaterin Sheetal Bari.

Viele Nahrungs-Tabus ließen sich auf Glauben zurückführen, erklärt die Kulturhistorikerin Navina Java. Hindus, die etwa 80 Prozent der Bevölkerung Indiens ausmachen, glauben an Wiedergeburt. «Und um Fleisch zu bekommen, muss man ein anderes Lebewesen töten, richtig?» Auch der wohl bekannteste Inder, Unabhängigkeitskämpfer Mahatma Gandhi, war Vegetarier. Er meinte: «Wir sollten aufhören, unsere Mitgeschöpfe für unsere körperlichen Bedürfnisse zu töten».

Die Soziologin Patricia Uberoi hingegen hält das Wohlergehen der Tiere nicht für die Hauptmotivation, schließlich würden Inder auch gerne mal Straßenhunde treten. «Viel wichtiger sind die uralten Theorien von heißer und kalter Nahrung.» Bestimmtes Essen, so der Glaube, erhitze die Gemüter, und sei deswegen nur für Menschen geeignet, die körperlicher Arbeit nachgehen.

«Zentral ist auch die Idee, dass der heimische Herd rein bleiben muss», erklärt Uberoi. Traditionell hätten die Männer im Norden Indiens erlegtes Wild draußen gegessen. Und auch heute werde oft daheim vegetarisch gekocht, aber im Restaurant Fleisch bestellt.
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