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15.01.2022 | 10:35 | Bauboom und Corona 

Sägewerke mit vollen Auftragsbüchern

Plößberg - Baumstämme so weit das Auge blicken kann - auf dem Gelände der Firma Ziegler in der Oberpfalz sind in langen Reihen Fichten- und Kiefernhölzer aufgeschichtet.

Schnittholz
Bauen mit Holz liegt im Trend und in der Corona-Pandemie steigt die Nachfrage zusätzlich deutlich an - die Preise auch. (c) proplanta
Mehrere Meter hoch sind die Stapel. Hier, in einem der größten Sägewerke Europas, werden sie zu Schnittholz verarbeitet. Jeden Tag kommen rund 340 Lastwagen-Lieferungen hinzu, 9.000 Festmeter Holz laufen wiederum durch die Säge. Unternehmen aus der Holzbranche verzeichnen volle Auftragsbücher. Nicht nur, aber auch wegen Corona.

Der Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie (DeSH) spricht mit Blick auf 2021 von einem Jahr der Extreme. Dem heimischen Markt habe so viel Holz zur Verfügung gestanden wie nie zuvor, bilanziert DeSH-Präsident Jörn Kimmich. «Die Industrie hat damit nicht nur kurzfristig und flexibel auf das Marktgeschehen reagiert, sondern auch Potenziale aufgezeigt, die für die Zukunft der nachhaltigen Holzverwendung in Deutschland wegweisend sind.»

Nach der enormen Nachfrage im ersten Halbjahr 2021 sei die Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte deutlich gesunken - wegen der großen Vorräte und Lagerbestände bei Handel und Verarbeitern. Hier wäre mehr Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage wichtig, so Kimmich.

Dass die Geschäfte bei der Ziegler Group in Plößberg im Landkreis Tirschenreuth gut laufen, ist der neu eröffneten Firmenzentrale anzusehen. Von dem Holzbau aus steuert das Familienunternehmen mit rund 2.200 Mitarbeitern die Geschäftsbereiche Holzverarbeitung, Logistik, Haus- und Maschinenbau sowie Gastronomie.

Für 2021 habe die Ziegler Group einen Umsatz von 900 Millionen Euro angepeilt, sagt Geschäftsführer Andreas Sandner. Bei einer jährlichen Verarbeitung von 2,2 Millionen Festmetern Holz an einem einzigen Standort sei das Sägewerk das größte in Europa.

Sägewerke zählen zu den Profiteuren der Corona-Pandemie. Der Bauboom hatte aber schon zuvor begonnen. Klimafreundliches Bauen liege im Trend, so Sandner. Heutige Bauherren stammten aus der «Generation Nachhaltigkeit». Holzbau sei klimafreundlicher als zum Beispiel Betonbau. Beim Thema Umweltschutz sei ein «Fridays for Future»-Effekt spürbar. Bauherren legten mehr Wert darauf, so zu bauen, dass die Auswirkungen auf die Generation ihrer Kinder möglichst gering sind.

Die Pandemie habe die Situation in vielerlei Hinsicht verschärft. «Insbesondere der Do-it-yourself-Bereich verzeichnete in der ersten Phase der Pandemie einen Nachfrageschwung, da gerade Privatleute in die eigene Immobilie investierten.» Die Menschen verreisten weniger und machten es sich daheim schön - beispielsweise mit einer neuen Terrasse oder neuen Sauna.

Mit der Nachfrage nach Schnittholz zu Beginn der Pandemie schnellten die Preise in die Höhe, später ließen gestiegene Kosten die Preise steigen. «So kam es teilweise zu einer Vervielfachung der Preise für einzelne Schnittholzsortimente», blickt Sandner zurück.

Die hohen Preise seien leider bei den Waldbauern nicht gleichermaßen angekommen, kritisiert ein Sprecher des Waldbesitzerverbandes. Waldbauern seien nur bereit, Verträge mit Sägewerken zu schließen, wenn der Preis stimme.

Das Landwirtschaftsministerium schreibt in seinem Holzmarktbericht für 2021, dass sich die Situation für die Waldbesitzer zwischen dem ersten und dem zweiten Quartal leicht verbessert habe. «Die ungebrochen hohe Nachfrage nach Nadelschnittholz im Inland und in den wichtigen Exportmärkten hat zu regional kräftigen Preisanstiegen auch beim Fichtenrundholz geführt, wobei diese keineswegs die Entwicklung auf den Abnahmemärkten widerspiegeln.»

Abgesehen von der Nachfrage habe Corona auch organisatorische Folgen gehabt, sagt Sandner. Mitarbeiter aus Tschechien hätten wegen der Grenzschließung in Hotels gewohnt und folglich ihre Familien nicht besuchen können. Sandner spricht von großer Solidarität der Mitarbeiter gegenüber dem Betrieb. Später hätten Grenzpendler wegen verschärfter Kontrollen an der Grenze Einschränkungen gehabt.

Auch auf die Exporte habe sich die Pandemie ausgewirkt. Die Ziegler Group liefere etwa 70 Prozent ihres Holzes ins Ausland, vor allem nach Australien, Dubai und China. Die Kunden zu bedienen - also die Frachtschiffe am Laufen zu halten - sei eine logistische Herausforderung gewesen.

Das Coronavirus werde wohl auch in Zukunft ein Begleiter bleiben, die größeren Themen in der Branche seien aber der Klimawandel und die Nachfrage beim nachhaltigen Bauen. Die Nadelhölzer Fichte und Kiefer seien hier die Lösung, auch für anspruchsvolle Konstruktionen. Gerade bei diesen Bäumen - Flachwurzler - sei strategischer Waldbau wichtig, um Borkenkäferbefall und Trockenheitsschäden gering zu halten.

Dem DeSH zufolge umfasst die deutsche Sägeindustrie gut 2.000 vor allem mittelständisch geprägte Betriebe mit insgesamt 24.000 Mitarbeitern. Etwa 70 Prozent seien Kleinstunternehmen mit höchstens neun Beschäftigten. Die Branche verzeichnet den Angaben nach einen jährlichen Umsatz von rund 6,5 Milliarden Euro.
dpa/lby
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