(c) proplanta Bund und Länder wollen als Konsequenz aus dem Pferdefleisch-Skandal härter gegen Etikettenschwindel bei Lebensmitteln vorgehen. Die Verbraucherminister vereinbarten am Montag in Berlin einen entsprechenden Zehn-Punkte-Plan. Danach müssen Betrüger künftig auch mit höheren Strafen und Geldbußen rechnen.
«Betrug ist dann unattraktiv, wenn man davon keinen Nutzen hat», sagte die Vorsitzende der Länder-Verbraucherministerkonferenz, Hessens Ressortchefin Lucia Puttrich (CDU) nach dem Treffen. Ausgelotet werden soll unter anderem die Möglichkeit, unrechtmäßige Gewinne bei verantwortlichen Firmen abzuschöpfen. Vorgesehen sind außerdem zusätzliche Kontrollen und mehr Informationen für die Verbraucher.
Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) sagte, bei der Aufklärung des Skandals um falsch deklarierte Produkte mit Pferdefleisch wollten Bund und Länder an einem Strang ziehen. Vereinbart wurde eine zentrale Internet-Seite mit Informationen über Produktrückrufe.
Geprüft werden soll, ob es Lebensmittel-Unternehmen den zuständigen Länderbehörden melden müssen, wenn sie den Verdacht auf Täuschungsfälle haben. Vorgeschrieben ist dies bisher nur, wenn Gesundheitsgefahren bestehen. Deutschland will sich in der EU für eine Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Fleischprodukte einsetzen.
Im Deutschlandfunk räumte Aigner mit Blick auf die jüngsten falsch etikettierten Produkte ein: «Eine Herkunftskennzeichnung hätte auch diesen Fall nicht verhindert, weil es hier um die Fleischart geht und nicht um die Herkunft.» Über die Kennzeichnung wird auf Ebene der Europäischen Union (EU) schon länger debattiert. Bisher muss bei rohem Rindfleisch zum Beispiel vermerkt sein, aus welchem Staat und Bundesland es stammt - nicht aber bei Fertigware mit Fleisch.
Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Till Backhaus sagte, die derzeitigen Strafen für Täuschungen - bis zu 50.000 Euro oder drei Jahre Haft - reichten nicht aus. Wenn Lebensmittelketten billigere Eigenmarken verkauften, trügen sie die Verantwortung dafür wie ein Hersteller. Es dürfe sich nicht lohnen, die Verbraucher zu täuschen. Nordrhein-Westfalens Verbraucherminister Johannes Remmel (Grüne) sagte: «Ziel muss das gläserne Produkt sein.»
Bayerns Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU) nahm auch die Verbraucher in die Pflicht. «Wer immer nur darauf achtet, das allerbilligste Schnäppchen zu kaufen, ohne darüber nachzudenken, ob das für diesen Preis überhaupt herstellbar ist, der hat seinen Beitrag auch dazu geleistet, dass es soweit kommt», sagte er dem Bayerischen Rundfunk (Bayern 2). Thüringens CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht setzte sich für lückenlose Nachweisbarkeit der Produktionsketten und der Herkunftsorte bei verarbeiteten Lebensmitteln ein. Zu Verstößen sagte sie: «Da brauchen wir harte Strafen.» EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg drohte Hintermännern die «volle Härte des Strafrechts» an. In der «Bild»-Zeitung schloss er zugleich die dauerhafte Einführung von DNA-Tests für Fleisch auf EU-Ebene nicht mehr aus. Falsch deklariertes Fleisch in den Handel zu bringen, sei kein Kavaliersdelikt. «Und wer sogar Fleisch mit Medikamenten-Rückständen wie Phenylbutazon auf den Markt bringt, ist ein Verbrecher.»
Die Verbraucherorganisation foodwatch forderte die Bundesregierung auf, unabhängig von Brüssel Untersuchungsverpflichtungen im nationalen Lebensmittelstrafrecht festzuschreiben und Verstöße entsprechend ahnden zu lassen. Vize-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt kritisierte die Haftungsverpflichtungen des Handels als völlig unzureichend.
«Die Handelsketten verkaufen Produkte unter ihrem eigenen Namen, für deren Qualität und Rechtskonformität sie strafrechtlich aber faktisch nicht belangt werden können.» Der Handel müsse für seine Eigenmarken geradestehen und bei Täuschung oder Gesundheitsgefährdung strafrechtlich als Täter belangt werden.
|
|