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14.01.2011 | 16:47 | Dioxin-Skandal 

Aigner will mit schärferen Kontrollen punkten

Berlin - Jedes vierte Ei enthielt im Test zu viel Dioxin - nun schlägt Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) schärfere staatliche Kontrollen und Pflichttests für alle Futterhersteller vor.

Ilse Aigner
Sie legte am Freitag einen Zehn-Punkte-Plan vor, über den das Kabinett an diesem Mittwoch beraten will. Aigner räumte Fehler ein, lehnte aber einen Rücktritt ab und rügte die Opposition. Verdächtiges Schweinefleisch ist nach Tschechien und Polen exportiert und dort vermutlich schon gegessen worden.

Die Futterfirmen sollen nach dem Willen von Aigner verpflichtet werden, ihre Zutaten zu prüfen und die Ergebnisse zu melden. Eine Zulassungspflicht und eine vorgeschriebene Haftpflichtversicherung sind ebenfalls geplant. Schon bei Fahrlässigkeit sollen Haftstrafen fällig werden. Den Ländern will die Bundesministerin schlagkräftigere Kontrollen vorgeben.

Die Behörden müssen nach den Aigner-Plänen künftig überhöhte Grenzwerte zwingend im Internet auflisten. Außerdem sollen Privatlabore bedenkliche Mengen melden müssen. Die Herstellung von Futterfett und technischem Fett soll EU-weit getrennt werden. Auch ein Frühwarnsystem und eine Liste von Futtermitteln sind geplant.

Für den Deutschen Verband Tiernahrung (DVT) wirft das Aigner-Papier einige Fragen auf. Die Meldepflicht für private Labore sei unpräzise und die Behörden hätten jetzt schon Zugriff auf Kontrollen, erklärte DVT-Geschäftsführer Bernhard Krüsken. Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch begrüßte Aigners Pläne im Grundsatz und forderte deren rasche Umsetzung.

Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) warf seiner Bundeskollegin «Ideenklau» vor. Aigners Zehn-Punkte-Plan enthalte wenig Neues verglichen mit den zehn Punkten, die er vor einer Woche vorgelegt habe. «Wenn das alles ist, brauchen wir keine Bundesverbraucherschutzministerin. Das schaffen die Länder auch alleine», sagte Remmel.

Aigner forderte schärfere Länderkontrollen. Sicherheit dürfe keine Kostenfrage sein. «Wir brauchen einen Wettbewerb um die beste Kontrolle.» Zugleich rief sie die Wirtschaft auf, sich an die Regeln zu halten. «Die Pflicht der Futtermittelunternehmer zur Kontrolle ihrer Produkte wird deutlich verschärft.»

Bei den nachträglichen Dioxin-Tests erwies sich mehr als ein Viertel der Eier als übermäßig mit Gift belastet. Das gab der Leiter für Lebensmittelsicherheit im Bundesverbraucherministerium, Bernhard Kühnle, bekannt. Von 83 Proben lägen 23 oberhalb des Höchstwertes. Bei Schweinefleisch sei von 33 Proben eine über dem Dioxin-Höchstgehalt und eine am Höchstgehalt registriert worden. Bundesweit sind noch 396 Betriebe gesperrt und werden auf Dioxinbelastung untersucht. Aigner sieht weiterhin keine Gesundheitsgefahr.

Dioxinverdächtiges Schweinefleisch aus Sachsen-Anhalt ist auch nach Tschechien und Polen gelangt, sagte der Abteilungsleiter. Es gebe aber keine Chargen mehr, die zurückgeholt werden könnten. Polens Chefveterinär sagte, in Schlesien seien etwa 1,5 Tonnen dieses Fleischs aus Deutschland verkauft worden. Man kontrolliere die Lieferungen jetzt genauer, lasse aber weiter Fleisch ins Land: «Im Moment ist eine Sperre für Deutschland nicht notwendig.»

Ministerin Aigner räumte Fehler in ihrer Reaktion auf den Dioxin-Skandal ein. «Vielleicht hätte ich noch mehr kommunizieren müssen nach außen.» Das müsse aber Hand und Fuß haben. «Nein», sagte sie auf die Frage nach einem Rücktritt. «In meinem Haus wurden alle Schritte eingeleitet, die wir einleiten konnten.» Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stützt nach Darstellung von Regierungssprecher Steffen Seibert das Krisenmanagement Aigners.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast, die in der rot-grünen Bundesregierung für Verbraucherschutz zuständig war, hatte Aigners Entlassung gefordert. Die Ministerin kritisierte ihrerseits die Opposition: «Es sind manche Vorgänge, die an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten sind.» Die Agrar- und Verbraucherminister kommen am nächsten Dienstag in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen. (dpa)
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